Von der Trauer und der Liebe zu (m)einem Sternenkind
Sternenkindhimmel
“Der große Stern, das ist unsere Lara und die Kleinen, das sind ihre Sternenfreunde.” – So hat es unsere große Tochter ausgedrückt. Eigentlich auf ein anderes Bild bezogen, passt es doch hier ebenfalls sehr gut.
Auf dieser Seite möchte ich zeigen, wie viele Kinder es gab, die leider nur kurz bleiben durften. Bist auch du Sternenmama/Sternenpapa und möchtest, dass dein Kind hier einen Stern bekommt?
Dann melde dich sehr gerne hier!
Wer mag, darf auch die Geschichte dazu erzählen. Diese kann man dann unter den Sternen lesen.
Liam und Leni
Jonah und Käferchen
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Bayazid
Jonah und Käferchen
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Hier findest du ihre Geschichte…
Bayazid
Hallo, ich erzähle euch meine Geschichte mit Bayazid.
Bayazid kam am 21.05.2022 mit 850 Gramm in der 27.Schwangerschaftswoche (26+2) zur Welt. Er wurde sofort beatmet. Denn er galt als extremes Frühchen. Er war ja nur 25 cm klein. Die ersten 3 Tage machte Bayazid sich gut. Doch nach 3 Tagen bekamen wir die schreckliche Nachricht, dass Bayazid eine Gehirnblutung 3. Grades, inklusive einen Hydrocephalus, entwickelt hat. Ein Hydrocephalus ist ein Wasserkopf. Er hatte zu viel Hirnwasser. Nach 4 Tagen bekamen wir die nächste Hiobsbotschaft, dass die Lunge nicht gut belüftet sei und Bayazid eine Drainage bräuchte. Also bekam Bayazid eine Drainage an der Seite unter dem Arm. Nach einer Woche war die Lunge wieder einigermaßen stabil und Bayazid bekam die Drainage raus. Ab da dachten wir, dass es bergauf geht. Doch wir mussten wieder eine Niederlage erleben. Bayazid musste ein Rickham – Reservoir eingesetzt werden. Ein Rickham – Reservoir ist eine Kapsel, die am Gehirn eingesetzt wird, um Hirnwasser entnehmen zu können. (Für einen Shunt, welcher die Flüssigkeit künstlich in andere Körperregionen ableitet, sind Frühgeborene unter 2 kg zu klein.) Also bekam dann Bayazid die erste OP, den Rickham – Reservoir. Die OP hat er gut geschafft. Wir waren erstmal erleichtert. Jeden Tag haben sie Bayazid am Kopf punktiert, um das Hirnwasser zu entziehen. Das stresste Bayazid sehr und er bekam sehr kritische Momente. Dann bekamen wir die nächste Nachricht, dass Bayazid einen offenen Ductus bekam. (Mehr Infos zu einem offenen Ductus gibt es hier: https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/gesundheitsprobleme-von-kindern/angeborene-fehlbildungen-des-herzens/offener-ductus-arteriosus). Der hat sich nicht verschlossen. Somit bekam er die nächste OP. Denn Bayazid hatte mehrere Male Atemaussetzer gehabt, wo wir dabei waren und sie ihn reanimieren mussten. Also die nächste OP. Der Ductus wurde verschlossen und auch das hat er mit Bravour geschafft und bis dahin schöpften wir Hoffnung. Es war ein Auf und Ab. Doch er machte sich gut. Bayazid wurde bis zur 34. Schwangerschaftswoche beatmet. Man hatte mal versucht ihn zu zu extubieren. Doch das schaffte er nur 24 Stunden. Dann mussten sie ihn wieder beatmen. Es war ein Auf und Ab mit Bayazid. Dann haben sie ihn in der 34. Schwangerschaftswoche zum zweiten Mal aus der Beatmung rausgeholt und er hat es super gemeistert. Als Bayazid dann endlich die 2 Kg – Marke geknackt hatte, bekam er die 3. OP – einen Shunt. Auch das meisterte er wieder mit Bravour. Ein kleiner Kämpfer, der leben wollte. Nach der OP war er 3 Tage in der neurologischen Klinik. Dann wurde er zurück in die Klinik (in die Neonatologie Intensivstation) verlegt, wo er geboren wurde. Ich wurde mit aufgenommen und durfte mit Bayazid ins Zimmer. Ich habe den Tag mit Bayazid genossen. Doch am nächsten Tag kam der Horror. Bayazid bekam einen kugelrunden Bauch. Der war so hart wie ein Fussball. Sofort rief ich die Pflegerin. Es wurde hektisch. Ich bekam Panik und war am Weinen. Keiner konnte mir was sagen, bis der Ultraschall kam und dann die schreckliche Nachricht: „Sofort den Helikopter anrufen. Der muss verlegt werden. Denn es geht um Leben und Tod.“ Ich fragte ihn, was los ist und der Arzt sagte: „Darmverschluss…“
Also wurde Bayazid in die zuständige Klinik verlegt. Ich und mein Mann rasten mit 160 km/h zu Bayazid. Wir bekamen Angst und Panik. Es vergingen 45 Minuten, bis wir die Klinik fanden. Wir bekamen die Nachricht, dass Bayazid auf eine Kinderchirurgie / Intensivstation verlegt wurde. Wir gingen dann zu der Station und klingelten. Dann kam eine Pflegerin. Sie nahm uns mit ins Elternzimmer und erklärte uns, dass es Bayazid sehr schlecht geht und er gerade reanimiert wird. Wir sahen noch, wie sie Bayazid hektisch aus dem Zimmer in den OP schoben. Nach 3 Stunden Warten und Bangen um Bayazid bekamen wir die Nachricht, dass sie ihn 8 Minuten reanimiert haben und er erst atmete, als sie ihm seinen Bauch aufschnitten. Da kam sehr viel Flüssigkeit raus. Der Darm war entzündet und dunkellivide. Als wir nach der OP Bayazid sehen durften, wusste ich irgendwie, dass dies nicht gut enden würde. Ich hatte das irgendwie im Gefühl, aber hatte trotz alldem gehofft.
Bayazid kämpfte 2 Wochen wie ein Löwe. Doch am 19.08.2022 bekam Bayazid die nächste OP – die 5. Sie mussten nochmal seinen Darm angucken. Die OP war für 3 Stunden angesetzt. Doch Bayazid kam schon nach 1 Stunde in sein Zimmer. Die Ärzte erklärten mir, dass Bayazid sterben wird. Sein ganzer Magen-Darm ist abgestorben. Er war auch durchlöchert und Bayazid hatte Stuhlgang im Bauchbereich. Jetzt ging es nur um die Stunden, die Bayazid noch hatte. Ich war die ganze Nacht bei ihm und konnte nicht schlafen. Am nächsten Tag, am 20.08.22 um 10 Uhr, fing der Sterbeprozess von Bayazid an. Ich nahm ihn in meinen Arm. Man versuchte mir die Zeit, die ich noch mit Bayazid hatte, schön zu machen. Er lag in meinen Armen und ich streichelte seinen Kopf. Ich wusste, Bayazid wird gehen. Auch wenn es schwer war, ihn gehen zu lassen, musste ich vor Bayazid stark sein. Um 12.27 Uhr schlief Bayazid friedlich in meinen Armen ein. Mein Mann und ich begleiteten ihn bis zum Tod. Wir hielten ihn beide im Arm, kuschelten mit ihm und nahmen Abschied. Bayazid wird immer in unseren Herzen bleiben. Er war so ein Kämpfer und ein kleiner Löwe. Wir sind so unglaublich stolz auf unseren Bayazid. Er schenkte uns 3 Monate.
Mama und Papa von Bayazid
Jonah und Käferchen
Hallo,
ich bin Laura, 34 Jahre alt und bereits Mutter einer 3 jährigen tollen Tochter. Uns war immer klar, dass wir ein zweites Kind möchten, aber ich habe die Zeit mit meiner Tochter noch intensiv genießen wollen. Im Januar entschieden wir uns dann, es bald zu versuchen. Schon im März hielt ich meinen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Ich konnte es nicht glauben, dass es so schnell gegangen war. Und wir waren so glücklich. Es sah alles super aus. Unser Baby entwickelte sich zeitgerecht. Und bald war dann tatsächlich die 12. Woche rum. Wir erzählten unserer Tochter davon, die sich sehr auf ihr Geschwisterchen freute.
Es war die 17. Schwangerschaftswoche, eine normale Vorsorgeuntersuchung und ich war gespannt, das Geschlecht unseres Babys zu erfahren. Stattdessen stellte der Arzt fest, dass unser Baby viel zu klein für die Woche ist und schicke uns zur Pränataldiagnostik.
Die Tage bis dahin waren furchtbar, aber wir versuchten die Hoffnung nicht zu verlieren. Vielleicht war alles gar nicht so schlimm. Aber dann kam der Termin und schon nach ein paar Minuten hörten wir die Worte: „Es tut mir leid, aber Ihr Baby lebt nicht mehr.“ Die Welt stand still. Verdacht auf Triploidie (was sich aber nicht bestätigte). Nach 5 Tagen Einleitung im Krankenhaus wurde unser Sohn Jonah dann am 18.06.2022 still geboren Es war der schlimmste und gleichzeitig der friedvollste Moment in meinem Leben. Man fragt sich, wie ein so kleiner und so perfekter Mensch so krank gewesen sein kann, dass er nicht leben konnte.
Wir sind so dankbar ihn einmal kennen gelernt zu haben. Aber ihn dann gehen zu lassen, in dem Wissen ihn das letzte Mal anzusehen, war das Schlimmste was mir je passiert ist. Er fehlt seitdem jeden Tag. Es vergeht kein Tag, keine Stunde, in der ich mir seiner Abwesenheit nicht bewusst bin. In der ich nicht trauere um sein Leben, dass nicht gelebt werden konnte. Mit ihm starben alle Träume und Pläne von einer Zukunft zu viert, einem Leben als Zweifachmama. Unsere Tochter sagt uns jeden Tag, wie gerne sie eines Tages eine große Schwester sein möchte. Auch wenn sie das bereits ist.
Wir wünschten uns dennoch weiterhin ein drittes Kind, aber waren natürlich voller Angst. Angst, dass es nicht klappt. Angst, noch ein Kind zu verlieren. Aber die Angst, es nicht versucht zu haben, überwog. Und so kam es, dass wir ein paar Monate später im Oktober einen positiven Test in den Händen hielten. Da beginnt die Geschichte von unserem Käferchen.
(Diese wird später noch erzählt.)
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Leonie Michelle
Sternchen
Tim Pascal
Pünktchen
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Diese 4 Sternenkinder gehören zu einer Familie. Sie haben ihre eigene Geschichte und gehören trotzdem irgendwie zusammen. Die Mama erzählt hier, wie sie die einzelnen Schwangerschaften erlebte.
Leonie Michelle
Im April 1995 wurde nach einer unbeschwerlichen und problemlosen Schwangerschaft (mit 3 x Ultraschall) unsere große Tochter geboren. Im März 2007 entschieden wir uns für ein Geschwisterchen. Wie groß war meine Freude, als es gleich im 1. Übungszyklus geklappt hat. Leider stand die Schwangerschaft ab der 13. Schwangerschaftswoche unter einem schlechten Stern. Beim Ersttrimesterscreening wurde eine Nackenfalte von 8,6 mm gemessen. Zwei Tage später wurde eine Chorionzottenbiopsie durchgeführt und es gab
Entwarnung. Bis auf die verdickte Nackenfalte wurden keine Auffälligkeiten festgestellt. Wir erfuhren, dass wir wieder eine Tochter bekommen würden.
Wir freuten uns. Allerdings wurde die Freude etwas getrübt. Denn im Befund stand: “Wir weisen darauf hin, dass bei einer Chorionzottenbiopsie (insbesondere nach einem auffälligen sonographischem Befund) nicht
ausgeschlossen werden kann, dass bei Nachweis eines unauffälligen
weiblichen Karyotyps möglicherweise mütterliche Zellen untersucht
wurden.“ Aber ich versuchte positiv in die Zukunft zu schauen. Uns wird
es doch nicht treffen?
Leider war bei jedem Ultraschall die Nackenfalte verdickt. Mein Frauenarzt vertröstete uns immer auf die Feinsonographie. Als ich die ersten Bewegungen spürte, war ich wieder voller Hoffnung. Doch dann spürte ich die Maus am Wochenende nicht. Unser Urlaub lag vor uns und wir wollten am Dienstag darauf in ein Feriendorf fahren. Ich war Ende 18./Anfang 19. Schwangerschaftswoche. Meine Familie wollte ich nicht beunruhigen und sagte nichts. Am Montag sagte ich dann doch zu meinem Mann: „Ich möchte lieber noch einmal zum Frauenarzt fahren. Denn ich habe ein ungutes Gefühl. Ich spüre die Kleine
nicht.“ Mein Mann fuhr mich sofort hin. Der Frauenarzt machte Ultraschall und wunderte sich, dass unsere Maus sich nicht bewegt. Er sagte, dass sie etwas wenig Fruchtwasser hat. Mein Mann fragte, ob wir lieber einen Spezialisten aufsuchen sollten. Aber mein Arzt vertröstete uns wieder auf die Feinsonographie, welche in 14 Tagen stattfinden sollte. Er meinte noch: „Wenn das Herz schlägt, ist doch alles in Ordnung.“
Ich konnte jedoch nicht so lange warten. Ich war zu unruhig. So rief ich in
der Uniklinik an, wo die Feinsonographie stattfinden sollte. Auch dort
wurde ich vertröstet. Ebenfalls nach dem Motto: “Solange das Herz
schlägt, ist alles gut”. Man konnte mich nicht dazwischen schieben. Ich
konnte aus Sorge nicht auf die Feinsonographie warten und rief noch einen Spezialisten an. Dort wurde ich auch erst vertröstet. Nachdem ich sagte, dass ich fix und fertig bin, durften wir am nächsten Tag 16 Uhr doch vorbei kommen.
So fuhren wir nicht in den Urlaub, sondern zu dem Spezialisten. Wir waren um 18 Uhr die letzten Patienten. Der Arzt schaute sich die Befunde an, die ich mit hatte und meinte, es sieht doch alles gut aus. Dann kam der Ultraschall und seine Worte werde ich nie vergessen. Er sagte wortwörtlich: “Um Gottes Willen, Kinder! Das könnt ihr sofort
abbrechen.“ In mir brach eine Welt zusammen. Er meinte noch: “Die Maße stimmen überhaupt nicht. Es ist etwa 2 Wochen zurück. Das hätte schon längst beendet werden können.” und “Es kann sich gar nicht bewegen. Es ist ein Trockenschwimmer. Da ist kein Fruchtwasser mehr da.”
Die Herztöne wurden überprüft und da setzen sie schon ab und zu aus. Er sagte: “Das Herz schlägt höchstens noch 2-3 Tage. So lange müsst ihr aber nicht warten.” Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Der Arzt rief gleich in der Uniklinik an, wo ich am nächsten Tag um 9 Uhr erscheinen sollte. Zu Hause habe ich mit meiner großen Tochter geweint. An Schlaf war nicht zu denken, immer wieder fing ich zu weinen an.
Am nächsten Tag, am 15.08., waren wir pünktlich in der Uniklinik und
zwischen halb und um 11 endlich an der Reihe. Zuerst wieder ein Gespräch, dann der Ultraschall. Die Ärztin (sehr nett) sagte: “Es ist zwar im Moment kein Trost für Sie, aber die Natur ist Ihnen zuvor gekommen. Das Herz schlägt nicht mehr.” Obwohl wir wussten, dass wir unser Kind verlieren, konnte ich es nicht realisieren. Es brach eine Welt in mir zusammen. Wieder fing ich zu weinen an. Auch diese Ärztin sagte, dass die Kleine ca. 2 Wochen zurück ist und die Schwangerschaft schon längst hätte beendet werden können. Sie rief gleich auf der Wöchnerinnenstation an, ob ein Bett frei ist. Der nächste Schock für mich. Sie sah meinen Blick und beruhigte mich: “Wir haben einen
Teil für solche Fälle abgetrennt.”
Zum Glück bekam ich ein Einzelzimmer. Es kamen dann ein Arzt und eine Psychotherapeutin (sie habe ich allerdings nicht wahrgenommen). Der Arzt erklärte uns, wie es nun weiter geht. Ich bekäme ab 14 Uhr aller 4 Stunden eine Tablette, welche die Wehen auslösen sollten. Wenn bis zum nächsten Tag 14 Uhr nichts passiert, wird die Dosis auf 1 1/2 Tabletten erhöht und am übernächsten Tag auf 2. Es kann schnell gehen, aber sich auch 4-5 Tage hinziehen. Der nächste Schock! Dass die Kleine bereits nicht mehr lebte, war nicht gerade förderlich. Ich stand neben mir und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich habe mich zusammen gerissen, nicht wieder zu weinen. Habe nur
geschluchzt, den Kopf geschüttelt oder genickt. Bei diesem Gespräch
wurden wir auch auf eine Sammelbestattung angesprochen und ob wir eine Karte mit den Fußabdrücken haben möchten. Aber ich konnte nur den Kopf schütteln. Mein Mann sagte gar nichts. Auch wurde mir psychologische Betreuung angeboten, worauf ich jedoch nicht reagierte.
14 Uhr bekam ich die erste Cytotec. Auch diese Nacht schlief ich kaum und weinte immer wieder. Am 16.08.2007 brachte ich unsere Tochter, meine kleine Maus, wie ich sie immer liebevoll nannte, in der 19. Schwangerschaftswoche um 9:40 Uhr still zur Welt. Sie wog 270g und war 16cm groß. Es war zwar nicht schmerzhaft, aber das Gefühl werde ich wohl nie vergessen. Es war so still. Sollte ein Baby nicht nach der Geburt schreien?
Aber es blieb still, zu still. Ich fing sofort an zu weinen. Die Ärztin
sagte: “Drehen Sie den Kopf weg. Es wäre nicht lebensfähig gewesen.” Ich wollte unsere Tochter auch nicht sehen.
Am Entlassungstag war die Psychologin noch einmal bei mir. Wir haben ein längeres Gespräch geführt. An diesem Tag ging es mir “relativ gut”. Es war überstanden und ich wollte alles hinter mir lassen. Sie gab mir ihre Telefonnummer. Ich dachte, ich brauche sie eigentlich nicht. Aber es kam doch anders…
Meine Familie tröstete mich so gut sie konnte. Ich hatte immer wieder
Tiefs, so dass ich mich entschied, die Psychotherapeutin doch anzurufen. Ich denke, dass im Krankenhaus der Schock überwog oder es eine Art Schutzmechanismus war, dass es mir „relativ gut“ ging. Ich nahm dann doch das Angebot der Psychologin an und vereinbarte einen
Termin bei ihr.
Bei der pathologischen Untersuchung wurden Hinweise auf eine
Chromosomenstörung im Sinne von Monosomie X0 (Ullrich-Turner-Syndrom) gefunden. 100%ig konnte dies aber nicht nachgewiesen werden, da in dem zur Untersuchung eingesandten Material kein Zellwachstum mehr stattfand.
Später bereute ich bitter, dass ich unsere Tochter nicht gesehen habe und ihr keinen Namen gab. Sie würde meine kleine Maus bleiben. Ebenso bereute ich, dass ich sie nicht bestatten lassen habe.
Ich war mehrfach bei der Psychologin. Die Gespräche taten mir sehr gut,
auch wenn ich mich nicht immer richtig öffnen konnte.
Sternchen
Im März 2008 entschieden wir uns, es noch einmal zu versuchen. Die Ärzte hatten uns Hoffnung gemacht, dass das Widerholungsrisiko sehr gering wäre und die nächste Schwangerschaft sicher gut verlaufen würde. Auch redete mir meine Psychotherapeutin immer gut zu.
Nach einigen Monaten hatte es dann geklappt. Am 17.06.2008 machte ich einen digitalen Schwangerschaftstest und der „sagte” eindeutig „schwanger”. Ich konnte es nicht glauben. Ich habe mich riesig gefreut. Jedoch war die Angst in meinem Hinterkopf. Hoffentlich würde alles gut gehen.
Am 26.06.2008 hatte ich meinen ersten Frauenarzttermin. Ich war in der 6.Schwangerschaftswoche(5+2). Beim Ultraschall sah man schon die Fruchthöhle. Ich bekam auch ein Ultraschallbild mit. Oh, da war ich glücklich! Hatte ich doch vorher Angst, man könnte nichts sehen. Mein Frauenarzt wollte dann gleich einen Termin in der Uniklinik vereinbaren, wegen meiner Gerinnungsstörung. Leider war die Sprechstunde
nicht mehr besetzt. Es war ja schon später Nachmittag.
Ich habe am nächsten Tag gleich in der Uniklinik angerufen und bekam einen Termin für den 16.07.2008. Auf meine Frage, ob das nicht zu spät wäre, antwortete die Schwester: „Nein, denn manche wüssten zu diesem Zeitpunkt auch noch gar nicht, dass sie schwanger sind.” Begeistert war ich nicht, aber die müssen es ja wissen.
Am gleichen Tag hatte ich wieder einen Termin bei meiner Psychotherapeutin. Sie freute sich sehr für uns und sprach mir auch Mut zu. Ich zeigte ihr das Ultraschallbild. Leider sollte es unser letztes Treffen sein, da sie die Uniklinik für eine gewisse Zeit verlassen würde. Ich fragte sie, ob wir bei Bedarf nicht telefonisch in Kontakt bleiben könnten. Sie sagte, sie hätte mich gern während der Schwangerschaft begleitet, aber das geht nicht. In ein oder zwei Jahren würde sie wohl zurückkommen. Wenn ich möchte, könnte ich mich dann mal melden. Ich sagte, das würde ich tun.
Mir ging es soweit ganz gut, ab und zu war mir übel, was ich aber als
gutes Zeichen hielt. Hieß es doch immer: „ Geht es der Mutter schlecht, geht es dem Baby gut.“ Allerdings kam auch immer wieder die Angst an die Oberfläche. Was, wenn doch etwas nicht stimmte? Würde es uns ein zweites Mal treffen? Ich versuchte diese Gedanken immer beiseite zu schieben.
Am 10.07.2008 hatte ich den zweiten Frauenarzttermin. Nun war ich in der 8.Schwangerschaftswoche(7+1). Ich war aufgeregt und mir war richtig schlecht. Hoffentlich sieht man das Herzchen schlagen. Man sah beim Ultraschall, dass die Fruchthöhle ganz schön gewachsen war. Außerdem sah man den Dottersack. Mein Frauenarzt sah auch ganz klein das Baby, mit zaghaftem Herzschlag (so drückte er sich aus). Ich konnte dies jedoch nicht sehen. Ich dachte ja, man sieht schon mehr. Aber mein Frauenarzt meinte, das wäre normal. In zwei Wochen sollte ich wieder kommen und würde dann auch den Mutterpass bekommen. Wieder bekam ich ein Ultraschallbild, was ich zu Hause stolz zeigte. Mein Mann erkannte sofort, dass es ganz anders aussah, als im letzten Jahr. Er sagte, das kann nur gut gehen.
Ich habe am 11.07.2008 nochmal mit meiner Psychotherapeutin telefoniert. Ich erzählte von meinen Bedenken, es könnte etwas nicht stimmen. Die Aussage „zaghafter Herzschlag” bereitete mir Sorgen. Aber sie meinte, das wäre normal. Es kommt ja auch auf das Ultraschallgerät an. Mein Frauenarzt hat leider ein
nicht so Gutes.
Ich versuchte positiv zu denken. Das war leider nicht immer einfach. Mein Mann unterstützte mich, wo er konnte.
Wie aufgeregt war ich, als der Termin in der Uniklinik heran rückte. Am
16.07.2008 war es soweit. Nun war ich in der 9.Schwangerschaftswoche (8+1). Heute müsste ich das Herzchen kräftig schlagen sehen, dachte ich. Dr. T. merkte mir meine Aufregung an und fragte, ob ich mich nicht freue. Ich sagte: „Doch, aber ich habe Angst, es könnte wieder etwas schief gehen.” Die Tränen verkniff ich mir. Ohne große Vorrede machte er dann Ultraschall. Ich sah sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Fruchthöhle war zwar etwas größer, als bei meinem Frauenarzt, aber man sah weiterhin nur den Dottersack. Er schallte eine ganze Weile und
fragte dann, ob mein Frauenarzt schon eine Herzaktivität gesehen hatte. Dies bejahte ich. Er sagte: „Leider ist es eine Missed Abortion.” Ich wurde über die Ausschabung aufgeklärt und er fragte, wo ich sie machen lassen wollte. Ich sagte: „Hier in der Uniklinik.“ Er bereite dann alles vor. Aufgrund meiner Befunde, welche ich mit hatte, sagte er, dass wahrscheinlich die Gerinnungsstörung die Ursache wäre. Bei einer erneuten Schwangerschaft müsste ich schon von Beginn an Heparin spritzen. Ich könnte mich dann an ihn wenden. Wir sollten jedoch 3 Monate warten. Doch bei mir war im Moment der Kinderwunsch wieder in die Ferne gerückt.
Dann musste ich mich auf der Wöchnerinnenstation melden. Dort führte ich ein Gespräch mit einer Ärztin, die alles für den kommenden Tag in die Wege leitete. Ich sollte um 8 Uhr da sein. Wieder weiß ich nicht, wie ich nach Hause gekommen bin. Kurz nachdem ich zu Hause war, kam mein Mann. Ich fiel ihm gleich um den Hals und begann zu weinen. Er war ganz sprachlos. Dachte er doch auch, es geht alles gut. Dann rief ich eine Freundin an, welche wusste, dass ich schwanger bin. Unter Tränen berichtete ich ihr von der Fehlgeburt und fragte, ob sie mich am nächsten Morgen in die Uniklinik fahren könnte, da mein Mann arbeiten muss. Sie sagte sofort ja und wollte gleich zu mir kommen. Aber das brauchte sie nicht, da ich zu einer anderen Freundin wollte. Bei dieser Schwangerschaft wusste kaum jemand, dass ich schwanger war. Wir wollten es erst später sagen. Auch wusste die Freundin, welche ich an diesem Tag besuchte, nichts davon. Ich war überrascht, dass ich bei ihr abgelenkt war und nicht an die Fehlgeburt dachte.
Die Nacht habe ich dann wieder so gut wie gar nicht geschlafen. Die Gedanken überschlugen sich. Warum? Was haben wir falsch gemacht?
Am nächsten Morgen (17.07.2008) holte mich meine Freundin gegen 7:15 Uhr ab. Als ich sie sah, kamen mir gleich die Tränen. Sie nahm mich einfach nur in den Arm, weil ihr die Worte fehlten. Das half mir aber mehr als 1000 Worte. Denn letztes Jahr bekam ich oft zu spüren, dass die Leute es zwar gut meinten, aber ihre Worte mir zum Teil doch sehr wehtaten.
Wir fuhren in die Uniklinik. Sie blieb dann auch bei mir, bis ich gegen
9:30 Uhr zur OP geholt wurde. So war ich wenigstens etwas abgelenkt. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Gegen 12:30 Uhr war ich wieder im Zimmer. Schmerzen hatte ich keine, aber wieder fühlte ich mich so leer.
Am Nachmittag war das Abschlussgespräch. Meine Gebärmutter sieht gut aus. Es musste nicht ausgeschabt werden, sondern nur abgesaugt. Ich würde nun ca. 14 Tage Blutungen haben und dann müsste alles wieder o.k. sein. Würde es das wirklich?
Dann konnte ich nach Hause. Mein Mann war auch schon da. So konnten wir gleich losfahren.
Die folgende Zeit war wieder sehr schwer für mich. Weshalb hatte es uns
wieder getroffen?
Tim Pascal
Ende November / Anfang Dezember 2008 testete ich wieder positiv.
Ich blickte positiv in die Zukunft. Ein 3. Mal wird es uns nicht treffen?! Im Hinterkopf war jedoch immer die Angst. Beim Ersttrimesterscreening wurde eine Nackenfalte von 2,5 mm gemessen. Diese war laut dem Arzt
grenzwertig. Wir ließen aus Angst, auch unser Sohn könnte krank sein, die Fruchtwasserpunktion durchführen. Das Risiko eines Blasensprungs
gingen wir ein. Die Chorionzottenbiopsie war viel
riskanter und war bei Leonie gut gegangen. Da würde die Fruchtwasseruntersuchung bestimmt auch gut gehen.
Das Schicksal meinte es jedoch nicht gut mit uns. Wir sollten zu den 5%
gehören, bei denen es nicht gut ausgeht. Denn ich hatte zwei Nächte
später einen Blasensprung und verlor sehr viel Fruchtwasser. Wir sind
gleich in die Uniklinik gefahren. Auch da verlor ich noch Fruchtwasser.
Ich fragte die Ärztin, ob unser Sohn zu retten ist. Sie schüttelte stumm
den Kopf. Dann sagte sie, dass er bereits in Geburtsposition liegt und kaum noch Fruchtwasser vorhanden ist. Unsere Hoffnung wurde zerstört. Erneut brach meine Welt zusammen und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich musste im Krankenhaus bleiben und hatte am nächsten Tag ein ausführliches Gespräch mit einem anderen Arzt. Er erläuterte uns die extrem schlechte Prognose. Schweren Herzens entschieden wir uns, die Schwangerschaft zu beenden.
Der Arzt sagte: „Wir leiten die Geburt ab morgen früh 9 Uhr mit Cytotec
ein. So können Sie noch eine Nacht schlafen und Kraft tanken.“ An Schlaf war jedoch nicht zu denken, da ich, wie im Jahr 2007, immer
wieder zu weinen anfing.
Am 28.02.2009 brachte ich um 23:55 Uhr unseren Sohn in der 17. Schwangerschaftswoche zur Welt. Er wog 120g und war 17cm groß. Wieder blieb es, genau wie nach der Geburt unserer Tochter, still. Zu still.
Ich fing zu weinen an, sagte aber, dass ich meinen Sohn sehen möchte. Die Hebamme nahm ihn erst einmal mit und brachte ihn mir kurze Zeit später. Er lag in einem kleinen Weidenkörbchen und war mit einer Mullwindel zugedeckt.
Ich war ganz überwältigt. Er sah so friedlich aus. Als würde er
schlafen. Ich fragte, ob ich die Windel wegnehmen könnte. Die Hebamme sagte ja. Dann ließ sie mich allein.
Unser Sohn sah so vollkommen aus. Er hätte nur noch wachsen müssen. Er war schon ein vollkommener kleiner Mensch. Man konnte alles erkennen: das Gesicht, die Ohren, die Finger und Zehen. Ich war wie gelähmt und konnte nicht mehr weinen. Ich konnte den Blick nicht von meinem Sohn abwenden. Aber ich wagte es nicht, ihn zu berühren. Nur kurz berührte ich sein Köpfchen, zog meine Hand aber erschrocken zurück, als es zur Seite rollte.
Mein Mann rief am nächsten Tag sehr früh an. Ich erzählte ihm, dass ich
es geschafft habe und wir weinten beide am Telefon. Er kam dann auch recht schnell zu mir. Ich sagte, dass gleich unser Sohn gebracht wird. Dass er ihn aber nicht ansehen muss, wenn er nicht möchte. Da ging die Tür schon auf und unser Sohn wurde gebracht. Wieder weinten wir beide. Unser Sohn sah so friedlich aus. Als würde er schlafen. Ein paar wenige Fotos haben wir von unserem Sohn (Leider zu wenig, da wir nicht in der Lage waren mehr Fotos zu machen.) Mir half es in der Trauerarbeit sehr, unseren Sohn gesehen zu haben. Meinem Mann hingegen nicht.
Mein Mann sagte, dass wir dieses Mal die Sammelbestattung mitmachen
sollten. Das hatte ich sowieso vor. Den gleichen Fehler wie 2007 wollte ich nicht wieder machen. Ich sagte, dass wir unserem Sohn dann auch einen Namen geben sollten. Mein Mann sagte: „Tim Pascal, das wolltet ihr doch.“ Wir weinten wieder.
Kurz vor der Sammelbestattung rief ich die Seelsorgerin an, welche die
Bestattung durchführen würde. Ich fragte sie, ob auch die Kinder mit
bestattet werden, wo sich die Eltern gegen die Bestattung entschieden haben, so wie wir 2007. Sie sagte, ab einer bestimmten Schwangerschaftswoche schon, aber sie wusste nicht genau ab welcher Woche. Am nächsten Tag rief sie mich zurück und sagte, dass unsere Tochter mit bestattet wurde. Sie zeigte uns zur Bestattung die Stelle, wo unsere Tochter ruht. Nun bekam auch unsere Tochter ihren Namen – Leonie Michelle.
Es ist schwer zu wissen, da ruhen die Beiden, obwohl sie bei uns sein sollten. Doch umso tröstlicher ist es, dass sie nah beieinander liegen und wir einen Ort haben, an dem wir ihnen ganz nah sein können. Wobei sie immer ganz nah bei uns sind. Denn sie haben ihren Platz in unseren Herzen.
Von Leonie gibt es leider nur medizinische Fotos. Was gäbe ich dafür,
wenigstens ein Foto von ihr zu haben, dass denen von Tim ähnelt.
Wir haben von Beiden eine Geburtskarte mit den Geburtsdaten und den
Fußabdrücken. Ende 2015 ließen wir sie ins Stammbuch eintragen. Dies ist durch eine Petition der Familie Martin aus Hessen, für die ich auch
unterschrieben habe, seit Mai 2013 möglich.
Pünktchen
Am 08.10.2009 machte ich nach ausbleibender Blutung einen Schwangerschaftstest. Wie immer war ich total aufgeregt, obwohl ich das Gefühl hatte, dass es wieder nicht geklappt hat. Andererseits sagte ich mir, es ist der zweite Zyklus. Wenn das kein Glück bringt? Unsere Tochter und Tim Pascal sind im zweiten Zyklus gezeugt worden. Unsere Tochter ist gesund und munter und Tim wäre nun auch gesund bei uns, wenn wir die Fruchtwasseruntersuchung nicht hätten machen lassen.
Ich traute meinen Augen kaum, der Test zeigte „schwanger 1-2 Wochen” an. Freudestrahlend erzählte ich es meinem Mann. Vor Freude hätte ich heulen können. Mein Mann umarmte mich und sagte: “Nun heißt es wieder zittern.” Das dachte ich auch und erwiderte: “Wir sind optimistisch.”
Ich rief am Vormittag gleich bei meinem Frauenarzt an, da ich mir für kommenden Montag einen Termin geben lassen wollte, um die Überweisung für die Uniklinik zu holen. Mir wurde gesagt, dass ab Montag Urlaub wäre. So fuhr ich nach Feierabend noch bei ihm vorbei. Er machte auch Ultraschall. Ich sagte, man würde doch noch gar nix sehen. Er meinte: „Doch die Gebärmutter.“ Beim Ultraschall sagte er, dass die Gebärmutterschleimhaut gut aufgebaut ist (14mm) und es gut aussieht. Er wünschte mir dann alles Gute.
Zu Hause erzählte ich meinem Mann von dem Termin. Er sagte, dass er dieses Mal ein ganz gutes Gefühl hatte, dass es geklappt hat. Na, wenn das kein gutes Zeichen ist. Er findet auch, dass ich gelöster bin. Aber ein wenig ist die Angst doch wieder da. Das erste Mal werde ich wohl aufatmen, wenn ich das Herzchen habe schlagen sehen.
Wir entschieden uns dann, unserer Tochter erst an meinem Geburtstag, am 30.10., die frohe Botschaft zu überbringen.
Den ersten Termin in der Uniklinik hatte ich am Montag, den 12.10. Nach
meiner Rechnung war ich 5. Schwangerschaftswoche(4+4). Ich war sehr erstaunt, dass man schon die Fruchthöhle sehen konnte. Damit hatte ich ja noch nicht gerechnet. Es wurde mir dann Blut genommen, um den HCG-Wert zu bestimmen und wegen der Heparinisierung. Den nächsten Termin bekam ich für den kommenden Montag. Schwester K. freute sich auch für uns.
Als mein Mann mich auf Arbeit anrief, er hatte Mittagschicht, erzählte ich
stolz von dem Termin und dass ich schon ein Minipünktchen gesehen habe. Er meinte, er sieht auf dem Ultraschallbild bestimmt wieder nix. Ich sagte, da sieht man das Minipünktchen wirklich nicht. Er sagte, da haben wir gleich einen Namen: „Pünktchen”. Auch er freute sich, trotz vorherigem Zwiespalt. Immer wieder streichelte ich meinen Bauch und redete auf Pünktchen ein. Gegen 15 Uhr rief ich wegen den Blutwerten an. Schwester K. sagte, die Werte sind etwas niedrig, aber in Ordnung. Ganz speziell fragte ich nach dem HCG-Wert. Der lag bei ca. 35. Ich solle mir aber keine Sorgen machen, der kommt wohl öfters erst später in die Gänge.
Doch machte ich mir sofort Gedanken, da der Wert meiner Meinung nach schon 3-stellig sein müsste. Zu Hause habe ich dann gegoogelt und sollte Recht haben. Der Wert entsprach eher der 3.Schwangerschaftswoche. So rief ich noch mal in Kröllwitz an. Schwester K. versuchte mich zu beruhigen, gab mir dann aber doch einen Termin für Freitag.
Ich fand aber keine Ruhe. Als mein Mann anrief, erzählte ich es unter
Tränen. Er war sprachlos und bedauerte, dass er nicht zu Hause war. Als mein Mann nach Hause kam, streichelte er meinen Bauch und sagte:
„Mach uns keinen Ärger, Pünktchen.” Ich sagte: „Bestimmt nicht.”
Dennoch war die Angst im Hintergrund.
Nach einer fast schlaflosen Nacht rief ich nochmal in der Uniklinik an.
Dieses Mal war Schwester K. nicht ganz so freundlich. Aber ich durfte am kommenden Tag schon vorbei kommen. Mein Mann hatte Nachtschicht. Bevor er ging, streichelte er
meinen Bauch. Das fand ich sehr schön.
Ich hatte, nach einer weiteren schlaflosen Nacht, am Mittwoch(14.10.), den nächsten Termin. Nun war ich 4+6 (5. Schwangerschaftswoche). Zuerst entschuldigte Schwester K. sich wegen dem gestrigen Telefonat. Sie sagte, wir nehmen heute nur Blut. Ultraschall wird das nächste Mal gemacht. Dann zeigte sie mir noch die Blutwerte vom Montag. Ich hatte ja immer noch gehofft, dass der Wert ein Fehler war oder ich mich am Telefon verhört hatte. Aber das HCG lag tatsächlich nur bei 38,5. Mir wurde dann Blut gezogen. Schwester K. sagte: „Wir können nun nur abwarten.“ Sie klang nicht mehr so optimistisch, wie am Telefon. Dann sagte sie noch, dass ich schon gegen 12 Uhr anrufen könnte bzw. sie sich meldet, wenn der Wert eher da ist. Sie kann sich vorstellen, dass ich nicht so lange warten möchte. Das fand ich sehr nett.
Ganz aufgeregt fuhr ich auf Arbeit. Immer wieder streichelte ich meinen
Bauch und redete dem kleinen Pünktchen gut zu. Gegen 11:30 Uhr rief
Schwester K. an. Leider hatte sie keine guten Neuigkeiten. Das HCG war auf 7 gesunken. Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Schwester K. tat es auch leid und sie versuchte mich zu trösten. Ich war den Tränen nahe, riss mich aber zusammen, da ich auf Arbeit war. Sie sagte, dass eine Ausschabung so früh nicht gemacht werden muss. In den nächsten Tagen müsste ich eine Blutung bekommen. Ich fragte dann, wie es mit dem Heparin weiter gehen soll. Da meinte sie, sie spricht noch mal mit Fr. Dr. K. und meldet sich noch einmal bei mir.
Schwester K. meldete sich später noch einmal. Sie sagte, dass ich noch
eine Woche weiter spritzen sollte. Nochmals sagte sie, dass es ihr leid
tut. Ich solle mich doch vor dem nächsten Versuch bei ihr sehen lassen
(wir sollen einen Zyklus abwarten). Dann schenkt sie mir eine Glücksmaus, die schon oft geholfen hat. Das fand ich sehr lieb von ihr, auch wenn ich nicht wusste, ob es ein nächstes Mal geben würde.
Gegen 14:15 Uhr rief mein Mann an. Unter Tränen erzählte ich von dem
Termin. Er wusste nicht, was er sagen sollte und sagte, da reden wir zu
Hause in Ruhe drüber. Zu Hause nahm mein Mann mich in den Arm. Leider hatte er Nachtschicht. Am liebsten wäre er bei mir geblieben.
Im Bett heulte ich dann wieder, aber ich schlief etwas besser als die letzten Nächte.
Am 15.10. mittags fing die Blutung an. Nun war es endgültig. Obwohl ich
damit rechnete, war es hart und wieder war ich den Tränen nahe. Wieder
fühlte ich mich so leer. Warum nur klappt es bei uns nicht mehr? Wieso kann ich meinem Mann nicht noch ein gesundes Kind schenken? Fragen über Fragen, die uns keiner beantworten kann.
Finn Ole und Pünktchen
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Vroni
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Auch hier gehören die Sternenkinder Vroni, Sternchen 1 und Sternchen 2 zu einer Familie. Sogar zur selben Schwangerschaft. Lest hier ihre Geschichte.
Vroni
Die kleine Vroni musste sich schon früh durchkämpfen. In der 14. Schwangerschaftswoche starben ihre beiden Geschwister und sie musste sich den Mamibauch mit ihren zu früh gegangenen Geschwistern teilen. Allerdings wollte sie unbedingt leben und erblickte in der 24. Schwangerschaftswoche am 09.11.21 das Licht der Welt. Sie war 32cm groß und wog 700g. Wir waren selbst im Krankenhaus eine richtige Familie. Wir sangen und lasen Geschichten. Wir weinten und lachten. Wir feierten jeden Erfolg. Wir kuschelten und waren einfach nur zusammen. Aufgrund meiner starken Sepsis hatte die kleine Maus immer wieder mit Infektionen an verschiedenen Körperstellen zu kämpfen. Die Infektion im Kopf ließ sich leider nicht unter Kontrolle bringen. Am 10.12.21 kam unser befreundeter Kaplan Pater Mejo und wir feierten eine schöne Taufe, gemeinsam mit dem ganzen Neo-Team. Nur ein paar Stunden später am 11.12.21 schlief sie ganz friedlich in unseren Händen ein. Sie zeigte uns, wie wertvoll das Leben ist und wie dankbar man für jede Sekunde hier auf Erden sein muss. Die kleine Vroni teilt sich nun mit ihren Geschwistern ein ganz besonderes Leben im Himmel und feiert sicherlich viele schöne Momente mit den vielen anderen Sternchen da ganz weit oben.
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Ben
Marc
Louis Jean
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Hier findest du ihre Geschichte…
Ben
Ben ist am 22.09.16 geboren und am 01.10.16 gestorben.
Marc
Marc, der kleine Bruder von Ben, kam am 23.05.17 zur Welt. Still geboren in der 16. Schwangerschaftswoche.
Louis Jean
Mein Name ist Nadine, ich bin 38 Jahre alt und sollte dieses Jahr meinen Sohn glücklich in den Händen halten.Doch leider verlief alles anders. Wie so oft im Leben. So sollte die Geburt anders verlaufen, als man es sehnsüchtig erwartet hatte. Am 02.03.2023 ist mein Louis Jean bei der Geburt gestorben. Er war wunderschön. So viele Haare und einfach ein schon fertiges Baby. Wenn auch ein paar Wochen zu früh, in der 33. Schwangerschaftswoche.Es schien doch zuvor alles in Ordnung zu sein. Kurz zuvor an diesem Tag spürte ich noch seine Kindsbewegungen…
Sternchen und Aurora
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Sternchen und Aurora
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Hier findest du ihre Geschichte…
Sternchen und Aurora
Mein 1. Sternchen hat uns in der 7. Schwangerschaftswoche verlassen. Das war schon sehr schwer zu ertragen für mich. Das war im Mai 2022. Fast 1 Jahr später haben wir von unserem Regenbogenkind erfahren …
Die Freude hielt sich in Grenzen, da ich große Angst hatte. Aber es schien alles gut zu sein. Bis zur 12. Schwangerschaftswoche. Da begann der Alptraum und die Geschichte von Aurora, unserer Regenbogentochter. Jede Woche gab es andere schlechte Nachrichten und Auffälligkeiten, bis wir endgültig die Diagnose Triploidie bekamen. (Bei Triploidie hat man 3 Chromosomensätze, anstatt den üblichen 2.) Damit wäre Aurora nicht lebensfähig gewesen.
Wir haben uns entschieden, sie gehen zu lassen. Da war ich in der 22. Schwangerschaftswoche. Die Geburt war sehr schmerzhaft. Ich wusste, ich werde unser kleines Mädchen nicht mit nach Hause nehmen können. Sie wurde am 20.07.23 um 19:59Uhr still geboren. Sie sah wunderschön aus und war perfekt. Man hätte optisch niemals angenommen, dass sie todkrank ist.
Mir hilft es unglaublich mich mit andere Sterneneltern auszutauschen und deren Geschichte zu lesen /zu hören.
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Louis
Leonardo
Emma Mathilda
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Hier findest du ihre Geschichte…
Louis
Louis wurde am 19.07.2021 geboren. Er starb am 20.09.2022.
Leonardo
Leo ist unser 1. Kind gewesen und unser Wunschkind! Wir hatten Glück, da wir nicht lange auf ihn warten mussten. Es hatte beim ersten Mal geklappt. Wir waren voller Dankbarkeit. Das Herzchen haben wir schlagen gesehen. Doch beim nächsten Termin war nichts mehr zu sehen. Unser Baby war nicht mehr da. Es war die 10. Schwangerschaftswoche, die mit einem missed Abort endete. Wut, Trauer und viele Fragen, die geblieben sind. Aber dankbar, dass er uns zu Eltern gemacht hat. Wir lieben dich, unser Kind, ein Leben lang!
Emma Mathilda
Emma Mathilda, mein kleines, wunderschönes Sternenkind!
Es war der 29.4.23. An diesem Tag erfuhr ich von meiner lang ersehnten Schwangerschaft und hielt endlich einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Ich wusste von Anfang an, ich würde eine alleinerziehende Mama sein, da sich der Erzeuger nicht für mein Baby interessierte. Das war okay, sogar besser so. Die Freude über meine Schwangerschaft wuchs von Tag zu Tag. Ich freute mich jedes Mal über die Frauenarztbesuche, bei denen ich mein Baby im Ultraschall sehen durfte. Meine Maus ist jedes Mal so sehr gewachsen. Ich konnte mein Glück lange nicht fassen. Doch gerade als ich anfing meine Schwangerschaft in vollen Zügen zu genießen, anfing mich mit der Gestaltung des Babyzimmers zu beschäftigen, anfing langsam Babysachen zu kaufen und auch anfing meine Schwangerschaft öffentlich zu machen, kam alles anders..
Am 7.7.23 hatte ich wieder einen Termin beim Frauenarzt. Ich hatte schon im vergangenen Monat ein mulmiges Gefühl, eine Art Vorahnung. Es war kein Ultraschall vorgesehen an diesem Tag. Doch ich vertraute meiner Frauenärztin meine Sorgen an. Die Ärztin hatte Verständnis und wollte mich beruhigen. Also machte sie einen Ultraschall und fand leider Auffälligkeiten am Köpfchen meines Babys. Verdacht auf Plexuszysten. Meine Sorgen stiegen ins Unermessliche. Ich hatte so eine Angst um mein Baby. Ich machte an diesem Tag sofort einen Termin zur frühen Feindiagnostik in einer Klinik.
Dieser Termin fand gleich in der Folgewoche statt. Die Untersuchung in der Pränataldiagnostik dauerte ziemlich lange. Als die Ärztin fertig war, trafen wir uns an ihrem Schreibtisch. Ich hatte ein seltsames Gefühl. Es war noch eine Schwester im Behandlungsraum und sie fingen an zu flüstern. Die Ärztin wusch sich die Hände, setzte sich mit einem bedrückten Gesichtsausdruck an den Tisch, schaute mich mitleidig an und sagte: „Es tut mir so leid, es ist noch viel schlimmer, als ihre Frauenärztin dachte“. Und sie sagte, dass mein Baby nicht lebensfähig sei, dass das Gehirn & die Augen nicht ausgebildet sind. Es litt an Trisomie 13.
Meine Welt brach sofort zusammen, mir wurde der Boden unter den Füßen weggerissen. Das war der schlimmste Moment meines Lebens! Ich wurde über alle weiteren Schritte aufgeklärt. Es wurde eine Fruchtwasserpunktion und ein Termin bei der Humangenetik gemacht, um das Fruchtwasser auszuwerten.
Die Auswertung bestätigte, dass mein Kind an Trisomie 13 litt. Auch das Geschlecht erfuhr ich bei diesem Termin. Mein kleines süßes Baby war natürlich ein Mädchen, wie ich es gehofft hatte. Ich hatte nur noch zwei Wochen mit meinem kleinen Mädchen.
In diesen zwei Wochen schaffte ich so viele Erinnerungen wie ich nur konnte, fand im Internet andere Sternenmamas, mit denen ich mich vernetzte, informierte mich über Bestattungsformen für Sternenkinder und tat alles, um mich auf die bevorstehende Zeit bestmöglich vorzubereiten. Ich musste mich intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen, um eine Art der Kontrolle zurück zu erlangen.
Bei einer stillen Geburt am 29.7.23 brachte ich meine wundervolle Tochter Emma Mathilda zur Welt. Sie war noch so klein und zart aber dennoch ein komplett ausgebildetes Menschlein, das quasi nur noch hätte wachsen müssen. Ihr Anblick machte mich unglaublich stolz und traurig zugleich. Ich verbrachte einige Stunden mit ihr, zu kurz war die Zeit. Aber ich bin unendlich dankbar dafür, dass ich sie begrüßen und verabschieden konnte. So sehr wünsche ich mir diesen Moment zurück, in dem ich sie bei mir hatte. Ich vermisse meine Kleine so so sehr!
Es ist ein schwerer Weg. Ein schlimmer Schicksalsschlag, der mein Leben komplett verändert hat. Die tiefe Trauer über den Verlust meines Engels erdrückt mich seitdem. Doch ich gehe wieder arbeiten und versuche diesem sinnlosen Tod einen Sinn zu geben. Meine Tochter hätte gewollt, dass ich weiter mache, mich zurück ins Leben kämpfe und unsere Geschichte erzähle.
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