sternenkindliebe

Von der Trauer und der Liebe zu (m)einem Sternenkind

Unser Sternenkind

27.11.2021 – Die Reise beginnt…

Unsere Geschichte beginnt am 19.04.2021. Denn an diesem Tag erfuhr ich offiziell von meiner Schwangerschaft. Wir waren sehr glücklich darüber und voller Vorfreude auf unser 2. Wunder. Die Schwangerschaft verlief komplikationslos, wie auch schon die Erste. Also war ich tiefenentspannt und wurde auch nicht nervös, als die Kindsbewegungen mal wieder auf sich warten ließen. Auch die Aussage der Ärztin, dass das Baby etwas zu leicht ist, beunruhigte mich nicht. Schließlich kannte ich auch das schon. Als dann der Bauch allmählich wuchs, wurde es auch für unsere Große sichtbar, dass sich da etwas veränderte. Sie freute sich sehr auf das Baby. Wir wussten auch schon, dass es ein Mädchen wird. Nur den Namen verrieten wir vorher nicht. Den hatte Papa schon ausgesucht und auch ich wurde mit jedem Mal Aussprechen überzeugter davon. Bei der Feindiagnostik war auch alles super. Aber nun fiel die erhöhte Fruchtwassermenge auf. 

Eines Tages im Oktober ging ich mit der Großen vom Kindergarten nach Hause und stürzte. Das, wovor alle immer warnten, war eingetreten. Ich war über die Bordsteinkannte gestolpert und hingefallen – genau auf den Bauch. Da lag ich nun wie ein gestrandeter Wal und musste mich erstmal wieder hochrollen. Die Große war genauso erschrocken wie ich. Ich brachte sie ins Bett zum Mittagsschlaf und war ganz nervös und unsicher, was ich tun sollte. Schließlich fuhr ich doch lieber mal ins Krankenhaus. Bei dem Sturz war aber glücklicherweise nichts passiert. Ich blieb 24h zur Beobachtung und es wurden regelmäßig CTG´s gemacht. Da alles in Ordnung war, konnte ich dann wieder heim. Auch bei den nächsten Untersuchungen war alles gut. Nur das hohe Fruchtwasser blieb auffällig. Ein weiterer Zuckertest war unauffällig. Daraufhin wurde der sogenannte TORCH-Test veranlasst. Ein Bluttest, der auf bestimmte Infektionskrankheiten untersucht. Aber auch dieser war unauffällig. Am 24.11. war ich dann zum Termin bei der Chefärztin. Sie sollte sich das Ganze nochmal selber ansehen und entscheiden, wie weiter vorgegangen wird. Es war schon ein recht reifer Befund, aber durch das viele Fruchtwasser hatte das Baby viel Platz und schwamm immer noch oben. Der Bauch hing nun aber schon sehr tief und war sehr schwer. Wir vereinbarten einen Termin am 03.12., um da noch einmal zu schauen und dann ggf. einzuleiten. Sowohl ich als auch die Chefärztin hatten die Hoffnung, dass es früher losgeht. Und das ging es dann auch. Trotz stockender Wehen wurde ich am 27.11. dort behalten. Die große Fruchtwassermenge ließ voraussagen, dass es dann schnell gehen würde. Und so wurde unsere kleine Lara dann um 20.29Uhr mit 3090g und 51 cm geboren. Sie war gesund und trank gut. Also konnten wir, wie geplant, nach ein paar Stunden den Kreissaal verlassen und nach Hause fahren. 

04.12.2021 – Krankenhaus Teil 1

Die erste Nacht zuhause war sehr ruhig. Lara schlief super. Ich zwar nicht, aber ich konnte wenigstens in meinem eigenen Bett liegen. Das war herrlich! Die nächsten Tage konnten wir gemeinsam zuhause genießen. Die große Schwester war auch ganz fasziniert von dem Baby, welches auf einmal da war. Manchmal noch etwas stürmisch, aber stets liebevoll. Lara schlief weiterhin sehr gut, trank jedoch nur wenig. Sie bekam dann zusätzlich Flaschennahrung.  Bei unserer großen Tochter war das Schlafen immer ein Kampf gewesen. Also waren wir zunächst froh, dass Lara so gut schlief. Jedoch machte es einem nun langsam Angst, dass sie nur noch schlief. Sie wirkte so schläfrig und schwach, dass sie manchmal gar nicht mehr richtig wach wurde zum Trinken. Am Donnerstag (02.12.) mussten wir dann zur Kinderärztin zur U2. Dort stellte sie fest, dass Lara´s Herzfrequenz bei 80 Schlägen/min lag. Das war viel zu niedrig! Sie hätte bei ca. 120 Schlägen/min liegen müssen. Noch dazu trank sie ja so schlecht. Also mussten wir hoch auf Kinderstation, damit sie auf der Neonatologie mal überwacht wird. Der Weg dorthin war kurz, da die Kinderärztin im selben Gebäude ist. Aber an der Anmeldung musste ich dann doch noch etwas warten. Lara war sehr schläfrig. Ich tippte sie immer wieder an, um zu sehen, ob sie noch lebt. Teilweise kam ich mir dann blöd vor. Du schläfst halt. Aber nun, da ich das mit dem Herz wusste, hatte ich Angst um dich!

Vor der Station mussten wir wieder warten, einen Coronatest machen und wieder warten. Zwischendurch war mir leicht schwindlig vom Stehen. Die Entbindung war ja schließlich erst 5 Tage her. Dann endlich, wir durften rein. Während die Schwester sie auszog und verkabelte, sprach die Ärztin mit mir. Dann wurde mir mein Zimmer gezeigt. Nun bestand mein Tages- und Nachtablauf aus Pendeln zwischen den Stationen, Milchflaschen holen/bringen, füttern und abpumpen – das Ganze alle 4h. Da blieb nicht viel Zeit zum Schlafen. Aber der anderen Mama in meinem Zimmer ging es genauso. Ich animierte Lara immer zum Trinken, damit wir hoffentlich bald nach Hause könnten. Dann brauchte sie aber doch noch eine Infusion und sie hatte immer wieder Sättigungsabfälle.

Am nächsten Morgen dann die unschöne Überraschung: “Schauen Sie mal, da ist ein 2. Strich.” – Mein Coronatest war positiv! Der 2. auch… Es folgte Schutzkleidung, Isolation und die Info, dass Lara nun doch unter die Wärmelampe muss. Der Billirubinwert war grenzwertig. Sie entwickelte eine Neugeborenengelbsucht. Das auch noch! Und ich durfte nicht zu ihr! Dann, endlich das Ergebnis vom PCR-Test. Negativ! Alle Aufregung für umsonst. Ich durfte sie wieder sehen! Es war ein erschreckender Anblick. Sie lag da nur in Windel in diesem Glaskasten. Die Augen bedeckt wegen dem Licht. Die Kabel für die Überwachung am Monitor sowieso. Aber ich war froh, sie wieder zu sehen. Und war froh, dass ich ihr wieder die Flasche geben konnte und keine fremde Schwester dies tun musste. Aber ich war auch völlig fertig mit den Nerven von der ganzen Coronaaufregung. Nach dem Verlassen der Station setzte ich mich erstmal auf einen Stuhl im Flur und atmete ein paar Mal tief durch. Während ich in dieser emotionalen Ausnahmesituation war, hatte mein Mann anderweitig Stress. Denn eigentlich mussten wir an diesem Tag zum Standesamt, um Lara anzumelden. Da dies nur in einem bestimmten Zeitraum ging, musste er sich darum kümmern, dass es auch ohne meine Anwesenheit ging. Außerdem das Rezept und dann die Milchpumpe besorgen. Meine Hebamme hatte keine mehr und bestimmte Apotheken auch nicht. Glücklicherweise waren Oma und Opa gerade da, sodass die Große versorgt war. So konnte er dann abends auch noch zu Besuch ins Krankenhaus kommen (nach vorherigem Coronatest). Er fütterte Lara und kuschelte noch kurz mit ihr. Immer mit dabei war ihre Kuscheldecke von zuhause. Ich fühlte mich besser damit, dass sie etwas von zuhause im oder wenigstens am Bettchen hatte, was uns miteinander verband. (Diese Decke begleitete uns auch bei weiteren Krankenhausaufenthalten und bis zu ihrem Tod.) Als die Schwester Lara wieder ankabelte, erwähnte Papa, dass es so viele Kabel seien. Da sagte sie: “Ach, das geht noch. Da gibt´s noch viel mehr!” Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass dies auch noch auf uns zukommen würde…

06.12.2021 – Krankenhaus Teil 2

Nachdem der nächste Coronatest auch wieder positiv war, musste ich das Krankenhaus wieder verlassen – ohne Lara! Es war Wochenende und ich wusste noch nicht, wann ich einen Termin zum PCR-Test bekommen würde. So lange müsste Lara hier bleiben – ohne Besuch von Mama oder Papa. Das brach mir das Herz. Ich packte meine Sachen, ging zum Fahrstuhl und schaute den Flur entlang Richtung Lara´s Station. Dort lag sie. Dort hinter dieser Tür bzw. Wand ging es zu ihr. Und ich durfte nicht hin.  Mein Kind lag da, mein Baby, und ich musste gehen! Das war furchtbar! Ich fühlte mich, als würde ich sie im Stich lassen. Ich musste sie zurück lassen, obwohl ich mir sicher war, dass ich kein Corona hatte. Mein Mann holte mich  mit der Großen ab. Sie freute sich natürlich mich zu sehen. Ich drückte sie im Auto und kämpfte mit den Tränen. War ich doch so froh sie wieder zu sehen! Aber gleichzeitig fehlte mir Lara so sehr! Ich fühlte mich schlecht. Aber das wollte ich der Großen möglichst wenig zeigen. Denn sie brauchte ihre Mama. War ich doch vor ein paar Tagen gegangen und nicht wieder heim gekommen.

Am Abend rief ich auf Lara´s Station an, um mich nach ihrem Gesundheitszustand zu erkundigen. Ich bekam nur ein  “Wie soll´s ihr schon gehen? Gut gehts ihr.”  als Antwort. Da hätte ich am liebsten durchs Telefon geschrien: “Dann wäre sie nicht auf Kinderstation!”. Stattdessen diskutierte ich mit der Schwester, dass Lara Muttermilch gebracht bekommt und sie ihr diese bitte geben mögen. Ich dachte, ich bin im falschen Film! Ein paar Tage zuvor hatte ich von der Chefärztin höchstpersönlich gehört, dass Muttermilch wichtig ist und ich die auf jeden Fall abgeben kann, wenn ich nicht da bin. Und nun musste ich darüber diskutieren. Und eine vernünftige Aussage über Lara´s Zustand erhielt ich auch nicht. Ich hätte ausflippen können!

Am nächsten Mittag übernahm mein Mann den Anruf. Er hatte dann eine ganz kompetente und nette Schwester dran. Auch meine Hebamme, welche in derselben Klinik arbeitete, bat ich darum mal nach Lara zu sehen. Es ging ihr besser. Sie war wieder agiler, schaute sie an. Schlief nicht mehr so viel. Am Montag (06.12.) dann endlich mein Termin zum PCR-Test. Dieser war, welch Überraschung, negativ! Dann kam auch schon die Info meiner Hebamme, dass wir Lara heute abholen können! Ein Glück! Mein Mann wartete unten und ich ging mit meinem negativen Test hoch zur Station. Ich war so froh Lara zu sehen! Und noch froher war ich, dass wir nun gemeinsam das Krankenhaus verlassen konnten. Am Nikolaustag! Welch ein Geschenk! Wir holten die Große bei Oma und Opa ab und fuhren gemeinsam nach Hause. Wir waren überglücklich sie wieder bei uns zu haben und nun zu viert die Zeit zuhause genießen zu können.

Januar/Februar 2022 – Arztbesuche

Am 03.01. hatten wir einen Termin zur U3. Groß war meine Sorge, dass sie wieder etwas feststellen würden. Wir wieder stationär bleiben müssten. Die Ärztin hörte Lara´s Herz ab. Meins schlug mir bis zum Hals. Es dauerte und dauerte. Das kam mir vor wie eine Ewigkeit. Bitte, nicht schon wieder! Lass alles gut sein! „Herz ist soweit in Ordnung“, sagte die Ärztin. Na, ein Glück! Ein Wunder, dass keiner den Knall hörte. Den dumpfen Schlag, als mir dieser Stein vom Herzen fiel. Ansonsten war die Ärztin auch zufrieden. Lara hat gut zugenommen. Sie wäre nicht die Schwerste, aber bleibt bei ihrer Linie. Die Reflexe sind super und sie ist sehr mobil. Das war mir auch aufgefallen. Sie war richtig agil im Arztzimmer. Strampelte, guckte und wirkte total aufgeweckt. So kannte ich sie gar nicht. Das war eigentlich untypisch. Aber ich war froh, dass die Ärztin zufrieden war. Wir könnten sie nun auch nachts bis zu 7h schlafen lassen, so die Aussage der Ärztin. Ich sprach noch dieses Verschlucken an. Inzwischen erkannte ich es schon am Geräusch. Ich nahm sie immer direkt hoch, klopfte ihr auf den Rücken und sprach mit ihr. Nach kurzer Zeit war der Spuk vorbei. Aber gruselig fand ich es trotzdem. Manchmal hatte ich echt Angst, dass sie dabei erstickt. Aber es wurde von der Kinderärztin abgetan. Babys würden sich halt manchmal an Spucke oder Milch verschlucken. Aber das würden sie meist selbst reguliert kriegen. Sie würden dann schon den Kopf zur Seite drehen. Wenn es mal schlimmer ist, sollte ich sie hochnehmen, aber das würde ich ja schon gut und richtig machen. Ich fühlte mich nicht ernst genommen. Wenn es denn nur ein kurzes Verschlucken wäre und sie gleich husten würde. Aber sie machte Schluckgeräusche, bis sie sich wirklich verschluckte und nicht mehr richtig Luft holte. Es wirkte wie ein Anfall. Aber wenn die Ärztin meinte, dass es normal sei… Sie war ja die Ärztin und musste es wissen. Wir gewöhnten uns daran. Es dauerte ja nie lange und vielleciht hatte Lara einfach noch Schluckschwierigkeiten und musste es erst noch richtig lernen.

Am 18.01. ging es zum Hörscreening. Da wir nach der Entbindung gleich gegangen waren, musste das separat gemacht werden. Das eine Ohr funktionierte sofort. Das andere leider nicht. Es kam kein Signal an. Der Arzt probierte eine ganze Weile. Mit verschiedenen Geräten, aber es ging nicht. Manchmal würde das wohl bei so ganz kleinen Ohren nicht gehen. Wir sollten mal noch 2 Wochen warten und dann den Test wiederholen. Natürlich machten wir uns nun aber Gedanken. Was, wenn es da wieder nicht funktioniert? Wenn sie auf einem Ohr nicht hören kann? Wir waren uns eigentlich sehr sicher, dass sie hören konnte, aber so etwas verunsichert dann doch. Aber selbst wenn, dann wäre es so. Dann kriegen wir das auch irgendwie hin.

Zunächst stand aber der erste Impftermin an. Ziemlich viele Impfungen auf einmal, wie ich fand. 6-Fach-Impfung in dem einen Arm, Pneumokokken in dem anderen Arm und die Rotaviren als Schluckimpfung. Ich äußerte meine Bedenken. Aber die Impfungen würden wohl gut vertragen werden. Also willigte ich ein. Falls sie es sehr quälen würde, könnte ich es ja bei den nächsten Impfungen immer noch einzeln machen. Sie war sehr anhänglich, aber ansonsten vertrug sie sie gut. Der erneute Hörtest verlief auch positiv. Juhu, das Kind kann hören! Wir waren sehr erleichtert. Die Hüftsonografie war auch unauffällig. Es war also alles gut!

08.04.22 – Trinkverhalten und Gewichtsentwicklung weiter problematisch

Am 01.03. waren wir zur U4. Lara drehte den Kopf meist nur nach links. Dies bestätigte sich dort auch. Wir bekamen ein Rezept zur Osteopathie, wo wir sowieso hinwollten. Wenn dies nichts bringen würde, müssten wir über eine Vojtatherapie nachdenken. Das wollte ich möglichst vermeiden. Die Ärztin meinte, dass Lara sehr schlapp wäre und die Beine häufig gestreckt hält. Bei der Osteopathie konnten dann Verspannungen gelöst werden. Dies merkte man Lara auch an. Nach dem Termin wirkte sie fröhlich und ausgeglichen. Sie strampelte mit den Beinen und hatte sichtlich Spaß an Bewegung. Auch das Kopfdrehen klappte besser. Aber irgendwie dauerte es nicht lange und sie hatte wieder eine Lieblingsseite. Manchmal sah ihr Kopf schon leicht verformt aus. Ich lagerte sie seitlich und doch wurschtelte sie so lange herum, bis sie wieder auf ihrer Lieblingsseite lag. Sie wirkte total steif auf der anderen Seite. Irgendwie fühlte sie sich da unwohl.

Am 17.03. waren wir zur Impfung. Lara bekam plötzlich Fieber. Darauf war ich eingestellt. Allerdings war ich nicht darauf vorbereitet, dass sie nichts mehr trinken wollte. Das Fieberthermometer zeigte 39,0°C. Sie müsste doch Durst haben! Sie war total schlapp und hatte nicht mal Kraft zum Trinken. Sie machte keinerlei Saugbewegungen. Wir probierten diverse Sauger aus. Ich drückte etwas am Sauger, damit Milch herausfloss. Da schluckte sie zaghaft und schmatze ein bisschen auf dem Nuckel herum. Also drückte ich immer wieder Milch heraus und sie schluckte sie runter. So ging das, bis die Flasche leer war. Ich war geschockt über diesen Zustand. Aber auch sehr froh, dass sie nun getrunken hatte. Ich brachte sie ins Bett. Doch es dauerte nicht lange und sie hatte eine größere Ladung Milch wieder ausgespuckt. Wir machten uns große Sorgen. Jedoch war das Fieber, durch das zuvor gegebene Fiebermittel, gesunken und sie schlief. Sie trank nachts in kurzen Abständen kleinere Portionen Milch, die auch drin blieben. Ich war heilfroh, dass wir nicht ins Krankenhaus mussten. Und auch ein bisschen stolz, dass wir es mit sehr viel Mühe alleine geschafft hatten.

Ende März wurde es mit dem Spucken schlimmer. Immer wieder kam die Milch schwallartig zurück und landete als See auf dem Boden. Lara störte sich nicht weiter daran. Man sagt ja auch „Speihkinder sind Gedeihkinder“. Doch bei Lara´s Trinkmenge traf das leider nicht zu. Wir machten Bäuerchen (auch zwischendurch), fütterten halb im Sitzen und gaben ihr nur kleine Mengen zu trinken. Es half nichts. Immer wieder spuckte sie. Selbst die Große spielte dieses Szenario schon mit ihrer Puppe nach.

Ich setzte große Hoffnung auf den Brei. Die Große hatte schließlich auch immer schlecht getrunken und bei Brei dann richtig zugeschlagen und damit auch die Gewichtskurve nach oben getrieben. Doch auch der Brei wurde wieder ausgespuckt. Der Stuhlgang wurde dann dünnflüssiger und mir wurde das irgendwie zu heiß. So kurz vor dem Wochenende sollte sich das lieber mal ein Arzt anschauen. Das Spucken war doch nicht mehr normal!

Wir fuhren zum Notdienst und kamen auch schnell dran. Dieser vermutete einen Magen-Darm-Infekt und schrieb eine Elektrolytelösung auf. Die Fontanelle sah gut aus und auch sonst hatte sie keine Austrocknungsanzeichen. Ich erkundigte mich wegen der Trinkproblematik. Ob es denn nicht auch eine spezielle Milch gäbe, da es mit der Pre nicht klappt. Der Arzt meinte, dass ich das mit unserer Ärztin besprechen soll. Normalerweise würde die Pre reichen.

Also fuhren wir am nächsten Tag nochmal zu unserer Kinderärztin. Diese meinte:

„Wenn es nur 1-2x am Tag ist und sie nasse Windeln hat, können wir weiter beobachten. Schleimhäute sind feucht und Fontanelle nicht eingefallen. Sobald sie noch mehr spuckt und keine nassen Windeln mehr hat oder sie schläfrig wird, müssen Sie stationär. Dann braucht sie eine Infusion.“  

Zu diesem Zeitpunkt lag sie mit ihrem Gewicht bereits unter der untersten Gewichtskurve. Die Ärztin schob das Spucken auf den Magen-Darm-Infekt. Ihr schien es wichtiger zu sein, dass sie die Beine in Bauchlage immer noch streckt und sollte dies in gesundem Zustand noch so sein, sie Vojta benötige.

1 Woche später klappte es endlich mit einem Termin zur Stillberatung. Gestillt wurde Lara zwar nicht mehr, aber ich erhoffte mir Tipps wegen ihrer Trinkschwäche. Die Frau dort war entsetzt über Lara´s Gewichtskurve. Auch sie war der Meinung, dass Pre normalerweise reiche. Jedoch empfand sie die Gewichtsentwicklung sehr bedenklich. Plötzlich stand das Wort „Pyrospasmus“ im Raum. Eine Verengung am Magen, wodurch die Nahrung zurückgedrückt wird. Da wäre dann eine OP nötig. Sie drängte darauf, dass dem nachgegangen wird. Ich sollte nochmal zur Kinderärztin und nochmals schildern, dass Lara „im hohen Bogen“ spuckt. Normalerweise müssten da alle Alarmglocken läuten. (Die Beraterin war gelernte Kinderkrankenschwester und hatte dementsprechend schon einige Erfahrungen im Krankenhaus gemacht.)

Also ging es am nächsten Tag erneut zur Kinderärztin. Plötzlich war sie auch der Meinung, dass mal danach geguckt werden müsste und überwies uns ins Krankenhaus. Ich entschied mich für ein größeres Krankenhaus weiter weg.

Wir holten die Große vom Kindergarten ab und fuhren gemeinsam ins Krankenhaus. Ich wollte mit Lara dort bleiben und Papa wollte mit der Großen zu Oma und Opa fahren, damit sie die nächsten Tage versorgt wäre. Jedoch schlief sie immer wieder ein. Das war sehr ungewöhnlich. Auf dem Krankenhausparkplatz fasste ich sie dann an. Sie hatte Fieber! Also suchte ich mit Lara die richtige Station und hoffte auf baldige Hilfe. Denn sie brauchte unbedingt Infusion. Währenddessen führ Papa mit der Großen wieder nach Hause.

17.04.2022 – Klinikaufenthalt

Bei der Notfallambulanz angekommen, meldete ich uns an. Es wurde routinemäßig Temperatur gemessen. Lara hatte Fieber! Wieviel weiß ich nicht mehr. Als wir auf Station ankamen, mussten wir erst noch kurz warten. Ich schaute Lara an. Sie schlief und war ganz warm. Ich war sehr unruhig und machte mir große Sorgen. Kurz vor Abfahrt hatte sie nochmal 60ml getrunken, aber das war nun auch schon wieder einige Stunden her.

Im Untersuchungszimmer wurden die Vitalparameter überprüft. Temperatur lag nun bei 39,4°C. Ihr Allgemeinzustand war sehr schlecht. Die Ärztin erfragte die Vorgeschichte. Sie stellte entsetzt fest, dass sie gar keine Körperspannung hatte, keinen Blickkontakt suchte und ihr Bauch total eingefallen war. Ich fühlte mich zwischendurch wie im Kreuzverhör. Ich konnte doch auch nichts dafür, dass sie sich nicht normal entwickelte. Und über den jetzigen Zustand war auch ich geschockt. Das Telefon der Ärztin klingelte. Sie ging kurz vor die Tür. Doch durch den Türspalt hörte ich sie sagen:

„Ja. Ich habe hier gerade ein schwer krankes Kind. Ich melde mich gleich.“

Moment mal. Schwer krank? Meint sie damit Lara? Ja, ihr Zustand war schlecht. Aber wenn eine Ärztin das so sagt, muss es wirklich sehr schlimm sein. Sie nahmen Blut ab, brachten mich in ein Zimmer und sie bekam Infusion. Sie lag so ruhig in diesem riesigen Bett. Sie tat mir so leid. Doch dank der Infusion kehrte so langsam ein bisschen Leben in sie zurück. Die Ärztin kam nochmal rein und war auch erleichtert darüber. Sie hatte schon über die Überwachungsstation nachgedacht, aber so war das glücklicherweise doch nicht nötig.

Es folgten Urinabnahmen, ein Blasenkatheter, Antibiose und weiterhin Infusion. Das Trinken klappte anfangs recht gut. Doch später begann sie auch im Krankenhaus wieder mit dem Spucken. Eine Blasenentzündung wurde diagnostiziert und die Physiotherapeutin kam wegen der Motorik vorbei. Die körperliche Entwicklung wäre unterhalb vom 3. Monat. (Sie war nun schon 4 Monate.) Erst sollte alles Körperliche durch die Ärzte abgeklärt werden und anschließend müsste unbedingt mit einer Vojtatherapie begonnen werden, so die Physiotherapeutin.

Eines Abends machten Lara´s Augen seltsame Bewegungen. Ein EEG wurde veranlasst und zum Augenarzt mussten wir auch. Beides war unauffällig. Die Antibiose hatte angeschlagen und das Fieber war runter. Die Gewichtsentwicklung war, nach Absetzen der Infusion, auch im Normbereich. Das Spucken wäre vermutlich durch die Blasenentzündung gekommen, so die Vermutung der Ärzte. Eine Stoffwechseldiagnostik und ein MRT wurden durchgeführt. Die Ergebnisse bekäme ich dann telefonisch. Außerdem sollte ich nochmal ambulant zum Schweißtest kommen. Dieser testet auf Mukoviszidose.

Am 14.04. wurden wir aus dem Krankenhaus entlassen. Lara hatte nun ein Gewicht von 4770g. Wir waren glücklich, dass sie nach Hause durfte. Es war Gründonnerstag. Am Ostersonntag sollte ihre Taufe sein. Glücklicherweise war diese sowieso nur in kleinem Rahmen geplant. So konnte sie wie geplant stattfinden.

10.05.2022 – Es wird nicht besser…

Wie vereinbart, erkundigte ich mich am 20.04. im Krankenhaus nach dem MRT – Befund. Dieser war unauffällig. Am 27.04. fuhren wir dann zum Schweißtest. Lara bekam etwas auf den Arm und dann sollte sie ordentlich schwitzen. Doch das war kein Problem. In letzter Zeit war der Rücken nur vom Liegen öfters nass geschwitzt, obwohl der Rest vom Körper eher kühl war. Ich hoffte sehr, dass sich diese Mukoviszidose nicht bestätigte. Eine Lebenserwartung von 30 Jahren war keine schöne Aussicht. Bei dem Test kam zum Glück auch ein sehr geringer Wert heraus. Keine Mukoviszidose!

Der nächste Impftermin war auf den 02.05. verschoben worden. Zu diesem Termin ging ich hin. Allerdings wegen dem Gewicht und nicht mit der Absicht Lara impfen zu lassen. Das Fieber beim letzten Mal hatte mir gereicht. Nochmal brauchte ich das nicht. Wir vereinbarten, dass ich weiter zuhause wiege und montags anrufe, um das Gewicht durchzugeben. Die Ärztin wollte sehen, wie es sich entwickelt. An eine andere Nahrung traute sich irgendwie keiner ran. Ich sollte bei der Pre bleiben. In 2 Tagen stand eh der erste Vojtatermin an und manchmal würde das dann auch helfen.

Am 03.05. telefonierte ich erneut mit Lara´s Ärztin vom Krankenhaus. Es ging um die Stoffwechselwerte. Einige Werte seien leicht erhöht. Dies käme vermutlich durch die Unterernährung. Auf jeden Fall nichts Gravierendes. Puh, das klang gut! Aber wieso nahm sie dann immer noch nicht zu? Sie wog 4790g. Das waren nur 20g mehr als zur Entlassung und diese war schon 2,5 Wochen her.

Am 04.05. gingen wir also zum Vojta. Die Therapeutin war sehr nett und erklärte alles ganz genau. Sie zeigte mir verschiedene Dinge und wir sprachen über die Problematik mit dem Gewicht. Ich fragte gezielt nach Techniken, um sie bei ihrer Trinkschwäche zu unterstützen. Sie meinte, es gäbe eine Übung, um die Trinkmuskeln zu trainieren. Diese zeige sie mir beim nächsten Termin. Erstmal müsste ich die andere Übung zuhause üben. Mir schoss der Gedanke durch den Kopf: „Wenn es nächste Woche nicht schon zu spät dafür ist.“ Ich sagte aber nichts und ging. Zuhause machte ich mit Lara die Übungen. Wider meines Erwartens hatte sie sogar Freude an den Übungen. Das große Schreien blieb aus. Ihre Schwester freute sich über die Fortschritte und lobte fleißig mit. Das wiederum erfreute Lara. Wir waren froh, dass die Übungen so gut klappten!

Am 05.05. dann die nächste unerfreuliche Nachricht. Die Große hatte Fieber, Ohrenschmerzen und verklebte Augen. Knapp 5h nach dem Fiebermittel waren es schon wieder 40,2°C. Sie lag regungslos auf dem Sofa. Wir machten uns große Sorgen. Nach telefonischer Rücksprache mit der Kinderarztpraxis gaben wir Ibuprofen und Paracetamol im Wechsel. Zusätzlich kühlten wir mit nassem Waschlappen. Immer wieder überprüfte ich die Temperatur. Ich hatte Angst um sie. Außerdem sprach ich erneut an, dass Lara nicht zunimmt. So langsam war meine Geduld nun am Ende und ich hatte keine Nerven mehr ABZUWARTEN. Ich drängte darauf, dass sie nun endlich Infantrini, eine kalorienreiche Spezialnahrung bekommt. Die Ärztin wollte dies morgen zum Termin mit mir besprechen.

Am 06.05. beim Kinderarzt stellte sich heraus, dass es bei der Großen eine vereiterte Angina ist. Es gab Antibiotikum und direkt vor Ort wieder Fiebermittel. Sie glühte. Da ich mit beiden Kindern da war, wurde Lara auch gleich nochmal gewogen. Wieder betonte ich, dass ich jetzt die andere Nahrung möchte. Dass es so nicht weiter geht. Die Ärztin war der Meinung man könnte auch weiterhin noch ein bisschen abwarten, ließ sich jedoch darauf ein. Also gab es abends dann die erste Portion von der neuen Nahrung. Sie trank es aus. Unsere ganze Hoffnung lag auf dieser Nahrung. Wir hofften, dass sie nun endlich zu Kräften kommt. Das Fieber bei der Großen war nun glücklicherweise mal wieder bei 37,8°C gewesen. Wenigstens eine Sorge weniger.

Denn bei Lara wurde es nicht besser. Sie spuckte wieder. Und das, obwohl wir extra eine Pause zu Vojta einhielten. Ich war verzweifelt. Was war nun wichtiger? Vojta, um sie zu kräftigen oder Nahrung, damit sie zunimmt. Beides in Kombination ging irgendwie nicht. Sie spuckte weiterhin und verweigerte nun teilweise auch die normale Pre, die wir zwischendurch gaben. Es wirkte so, als wäre sie so satt, dass nichts mehr reinpasst. Dabei trank sie gar nicht so viel.

Am 09.05. rief ich deshalb erneut beim Kinderarzt an. Die Schwester am Telefon sprach kurz mit der Ärztin. Diese hätte gerade keine Zeit, aber ich solle doch noch ein bisschen beobachten. „Sie kennen ihr Kind doch am besten“, waren die Worte der Schwester am Telefon.

 „Ja genau deshalb! Ich kenne mein Kind am besten. Und ich beobachte schon lange und sie nimmt nicht zu! Da muss doch mal was passieren!“

Sie wimmelte mich ab, ich solle beobachten und ansonsten morgen nochmal anrufen. Argh!

Bis zum nächsten Tag hatte sich natürlich nichts am Zustand geändert. Also rief ich erneut an. Denn inzwischen war mir aufgefallen, dass die Windeln trocken blieben. Dieses Mal hatte die Ärztin Zeit, um ans Telefon zu kommen. Und plötzlich sollte Lara unbedingt ins Krankenhaus für eine Infusion. Ach, auf einmal! Ich solle vorbeikommen und mir die Überweisung abholen.

So, nun lag aber noch die Große im Bett und schlief. Also weckte ich sie und setzte mich mit ihr aufs Sofa. Es war der erste Tag, an dem sie etwas fitter wirkte und das Fieber runter war. Ich erklärte ihr, dass ich mit Lara wieder ins Krankenhaus muss. Und was nun auf sie zukommen würde. Ich brachte sie zur einen Oma, wo sie blieb, bis die andere Oma hergefahren war, damit sie sich zuhause mit ihr auskurieren konnte. Der Abschied dort fiel mir unglaublich schwer. Sie dort zurückzulassen, wo sie doch selber krank war. Sie brauchte ihre Mama doch auch. Ich nahm die letzten Kräfte zusammen, um nicht weinen zu müssen. Das konnte sie nun nicht auch noch gebrauchen. Zu allem Unglück stand das Antibiotikum noch zuhause im Kühlschrank und als ich zurück zum Auto ging, hatte Lara erbrochen. Na prima! Dabei hatte sie gar nicht viel getrunken. Also fuhr ich los, damit sie schnellstmöglich eine Infusion bekäme.

20.05.22 – …auch im Krankenhaus nicht

Bei der Ankunft im Krankenhaus war Lara wieder nass geschwitzt. Temperatur hatte sie auch. Sie bekam Infusion und am nächsten Morgen war dann der Chefarzt da. Urin wurde erneut kontrolliert. Wenn dieser auffällig wäre, benötige sie eine Antibiose. Währenddessen und anschließend wird das Trinkverhalten beobachtet. Dazu wird die Infusion langsam gesenkt. Wenn sie 600ml wieder schafft, wird ggf. die Milch angedickt, damit sie zunimmt. Um 21Uhr dann hatte sie massiv erbrochen. Es hat richtig in der Speiseröhre gerasselt. Man konnte es hören und fühlen. Die Schwester war dabei und auch ein Arzt wurde dazu geholt. Doch die Lunge war frei. Also hat sie sich nicht verschluckt. Das war schon mal gut. Ich war froh, nicht alleine gewesen zu sein. Das war richtig heftig!

Am nächsten Morgen sank plötzlich ihre Sauerstoffsättigung immer wieder ab. Also bekam sie eine Sauerstoffbrille. In den nächsten Tagen hustete sie viel, hatte Fieber und nun auch Durchfall. Nach 2 sehr unruhigen Nächten ohne Schlaf und einem Gespräch mit der diensthabenden Schwester beschloss ich, mal nach Hause zu fahren. Die Große brauchte mich schließlich auch und irgendwie musste auch ich mal kurz durchatmen. Lara wirkte so teilnahmslos und abwesend. Sie war total schwach und sehr ruhig. Wenn ich sie so da liegen sah, verspürte ich das erste Mal kurz die Angst in mir, dass sie sterben könnte. Doch ich sagte mir immer wieder, dass ihr Zustand durch das Fieber kam und sie genug Flüssigkeit über die Infusion erhielt. Bei dieser Schwester war sie in guten Händen. Und durch ein Fenster auch immer in Sichtweite. Also fuhr ich nach Hause. Die Große freute sich riesig. Und auch ich konnte die Zeit mit ihr genießen und etwas Kraft tanken. Die Fahrt ins Krankenhaus fiel mir dann wieder schwer. Dieses Entscheiden, dass ich von meinem Kind wegfahre, war total schwer. Im Krankenhaus war ich dafür bei meinem anderen Kind, das ging. Aber diese Fahrt zwischen diesen 2 Welten war furchtbar. Dort angekommen, erfuhr ich, dass sie nachts wieder erbrochen hatte. Ein Röntgenbild wurde gemacht. Dort waren Anfänge einer Lungenentzündung erkennbar. Sie bekam nun Antibiose. Nicht Schlafen und hohes Fieber wären normal. Sie wirkte nun wieder etwas agiler. Das ist gut!

Am nächsten Tag erbrach sie wieder 2x blutig. Das Fiebermittel wurde abgesetzt, da es nicht wirkte. Nun war ein aggressiver Magen-Darm-Keim nachgewiesen. Sie hatte das Adenovirus. Dieser rasierte die Schleimhaut ab. Deshalb auch das blutige Erbrechen. Um die Schleimhaut wieder aufzubauen bekäme sie nun Miniportionen (5-10ml) Milch. Diese dienten nur zur Regeneration und nicht zur Zunahme. Den Rest bekäme sie über Infusion. Die Antibiose wirkte noch nicht. Also bekam sie noch ein zusätzliches Antibiotikum. Und die Blasenentzündung, die sie im April hatte, war auch wieder da. In der kommenden Nacht trank sie diese kleinen Mengen ganz gut und früh hatte sie dann sogar schon mal wieder 50ml geschafft. Die Infusion wurde halbiert. „Das, was sie schafft, trinkt sie. Der Rest wird dann mit Infusion aufgestockt.“, so der Chefarzt.

Die Temperatur war nun gesunken und blieb auch unten – na, endlich! Sie schlief besser und trank wieder mehr. All das sprach dafür, dass sie die Entzündung im Griff hatten. Nur den Sauerstoff benötigte sie noch. Aber das wäre auch okay, bei der Schwere der Erkrankungen.

Die Hoffnung auf Besserung wurde am nächsten Tag wieder zerstört. Sie hatte wieder 38,6°C Fieber und Blut erbrochen. Sie schaffte nur kleine Mengen. Außerdem entwickelte sie Ödeme an den Händen, welche immer noch oft eiskalt waren. Als dann Verstopfung hinzukam, wurde nochmal eine Sono gemacht. Sie hatte Stuhlballen im Darm und bekam einen Einlauf. Dieser wurde ein paar Mal wiederholt. Doch nun trat ein neues Problem auf. Lara brauchte mal wieder einen neuen Zugang. Doch da dieser nie lang hielt, gab es kaum noch Stellen zum Stechen. Entweder, es war schon total zerstochen und blau oder sie hatte solche Wassereinlagerungen, dass es nicht ging. Der Arzt versuchte es, aber es klappte nicht. Das war spät abends. Da es mit dem Zugang nicht klappte, sollte sie mehr trinken und so die Flüssigkeit zu sich nehmen. Und wenn das nicht funktioniert, würde er es nochmal probieren. Es kam, wie es kommen musste. Sie spuckte natürlich. Der Arzt war der Meinung, wir sollen es nochmal mit Trinken probieren, bevor wir einen neuen Zugang versuchen. Es sei denn, ich wünsche es, so die Worte der Schwester. Dann ruft sie den Arzt nochmal an. Super! Ich soll nun also wählen zwischen „Stechen, wo es eh nicht klappt und ihr aber wehtut“ oder „mit Milch abfüllen, die sie dann wieder ausspuckt“. Tolle Wahl! Das sagte ich auch sehr deutlich! Plötzlich wurde die sonst so selbstsichere Schwester ziemlich ruhig. Ich war völlig aufgelöst. Lara tat mir so leid! Sie musste so leiden und ich konnte nichts tun. Am liebsten hätte ich selbst mit dem Chefarzt gesprochen. Die anderen Ärzte schienen mir den Ernst der Lage nicht zu begreifen. Ich hatte das Gefühl, dass nur ich den sehe. Ich wollte sie nicht quälen und versuchte ihr gut zuzureden. Meine arme kleine Lara!

27.05.2022 – Intensivstation

Die restliche Nacht war ganz okay. Früh machte ich Übergabe mit Papa. Denn ich wollte die Große bei Oma und Opa abholen. Lara hatte nun sehr starke Wassereinlagerungen. Ihr Gesicht war richtig aufgequollen. Sie sah gar nicht mehr aus wie meine Lara. Das machte mich sehr traurig.

Während meiner Abwesenheit konnten sie Lara dann doch wieder einen Zugang legen. Doch als ich gerade wieder mit der Großen auf dem Rückweg war, rief mich Papa an: „Die Leberwerte sind sehr schlecht. Sie wollen sie in ein anderes Krankenhaus verlegen und brauchen unsere Zustimmung.“ Wir willigten natürlich ein. Ich sammelte mich kurz und drehte mich zu unserer Großen um. Wieder einmal musste ich ihr sagen, dass es ihrer kleinen Lara sehr schlecht geht. Ich erklärte ihr, was nun passieren würde. Sie nahm es sehr gefasst auf. Mich machte es furchtbar traurig, ihr schon wieder so etwas mitteilen zu müssen. Ich hätte ihr diese Art von Botschaften so gern erspart. Wir fuhren weiter. Irgendwann schlief sie im Auto ein. An einer roten Ampel, lehnte ich mich kurz zurück und ließ die Tränen laufen. Es machte mich verrückt, dass ich nicht wusste, wie es Lara geht. Sie fuhr alleine im Krankenwagen und Papa ihr hinterher. Wie fühlte sie sich gerade? Würde sie den Transport schaffen? Könnte ihr dort endlich geholfen werden? Immer wieder dachte ich daran und musste weinen. Doch immer wieder sprach ich mir selbst gut zu. Denn ich hatte noch ein Kind. Und das saß mit im Auto und musste sicher zuhause ankommen. Also konzentrierte ich mich auf das Autofahren. Unterwegs kam mir dann der blinkende Rettungswagen entgegen. Da würde sie also drin liegen. Mein Baby lag in diesem Krankenwagen bei fremden Leuten und fuhr in die entgegengesetzte Richtung!

Zuhause angekommen schaute ich online auf welcher Station sie liegt. Es war die Kinderintensivstation. Ich hatte große Angst um sie. Ich zitterte und weinte. Doch es nützte nichts. Papa war gleich bei ihr und ich konnte nur Hoffen. Außerdem hatte ich mein anderes Kind zu versorgen. Ich suchte ein Gebet. Das beteten wir an diesem Abend und auch an den folgenden Abenden mit der Großen.

Am nächsten Tag lag die Große auf dem Fußboden und spielte mit Lara´s Spielebogen. Das berührte mich sehr. Es zeigte deutlich, wie sehr sie ihre Schwester vermisste.  Nun musste ich ihr aber schon wieder die nächste Hiobsbotschaft überbringen. Es war Sonntag und Papa musste morgen wieder arbeiten. Also mussten wir wieder tauschen. Deshalb brachte ich sie zu einer Freundin. Dort sollte sie bleiben, bis Papa wieder da war. Ich war sehr angespannt. Ich redete immer wieder mit ihr. Sagte ihr mehrfach, was los ist. Auch, um mich selbst damit zu beruhigen. Sie tat mir so leid. Sie musste so sehr unter dieser Situation leiden. Sie verstand das alles ja noch weniger wie wir. Ich sagte ihr dann nochmal „Tschüss“ und das Papa sie dann abholt. Das fiel mir sehr sehr schwer! Denn natürlich war ich emotional total überfordert, aber ich wollte ihr auch keine Angst machen. Ich ging dann recht zügig, bevor es noch schwerer wurde. Auf dem Weg zum Auto weinte ich sehr. Am liebsten wäre ich zurückgegangen und hätte sie wieder mitgenommen. Aber das ging nicht. Lara brauchte mich im Moment mehr.

Im Krankenhaus angekommen brachte mich Papa auf Stand. Lara wurde geröntgt. Die Bauchspeicheldrüse wäre nicht in Ordnung, aber es wäre keine OP dafür notwendig. Dass die Schwestern Lara´s Krankengeschichte als „interessanten Fall“ bezeichneten, beruhigte mich allerdings überhaupt nicht. Ich wollte nicht, dass sie ein interessanter Fall ist. Das war bestimmt kein so gutes Zeichen.

Am nächsten Morgen konnte ich dann nochmal selber mit der Ärztin sprechen. Sie war sehr nett und erklärte alles gut. Lara hatte einen großen Blähbauch. Eine vergrößerte Leber, eingeschränkte Leberfunktion und viel Flüssigkeit im Bauchraum. Diese wurde punktiert. Außerdem musste nun ein neuer Zugang operiert werden. Das war nicht ganz ungefährlich wegen ihrer Gerinnung. Aber es musste sein. Wir hatten keine Alternative. Also willigte ich ein. Ich lief auf dem Krankenhausgelände umher und telefonierte. Es machte mich irre, dass ich nicht bei ihr sein konnte. Ich hatte solche Angst, dass sie diese OP nicht schafft. Doch zum Glück verlief alles gut. Und nun musste sie nicht wieder mit Stechen geärgert werden. Dieser Zugang konnte mehrere Monate liegen bleiben.

Ein Herzspezialist kam auch vorbei und schaute sie sich an. Aber er gab Entwarnung – kein Herzfehler. Die Leberproblematik könnte durch das Adenovirus kommen. Dann würde es wieder abheilen. Oder es käme woanders her. Aber das weiß man nicht.

Am nächsten Tag zur Visite kam der Chefarzt mit. Sie tauschten medizinische Fakten aus und sein ernster Gesichtsausdruck machte mir Sorgen. Schließlich sagte er dann auch, dass das schon ein dramatischer Verlauf ist. Sie müssten nun auf Ursachenforschung gehen. Es wäre auf jeden Fall eine schwere Erkrankung. Das sagte er nicht nur so. Er machte sich wirklich Gedanken. Das sagte mir meine Menschenkenntnis. Es wurde also Blut genommen und weggeschickt. Dieses wurde überall als dringlich markiert. Damit es möglichst schnell ginge. Aber mit 1-2 Wochen mussten wir rechnen. Inzwischen waren es bereits 4-5 Geräte, die sie mit irgendwelchen Dingen versorgten. Die Zahlen am Monitor wusste ich inzwischen auch schon einzuordnen.

An diesem Tag kam auch die Psychologin vorbei. Erst dachte ich, dass ich sowas nicht brauche. Aber ich ließ mich darauf ein. Sie war sehr nett und drängte sich nicht auf. So konnte ich anschließend noch einmal darüber nachdenken. Und eigentlich fand ich es doch ganz gut, dass da jemand war mit dem ich reden konnte. Mit jemanden, der nicht zum medizinischen Personal gehörte. Mit jemandem, der Zeit für mich und meine Gedanken hatte.

Am 26. 05. hat Lara wieder mehrfach gewürgt und Blut erbrochen. Sie bekommt nun nur noch Infusion und keine Milch mehr. Ein Stoffwechselwert wäre erhöht. Sie hatte etwas abgenommen, was in diesem Fall gut war. Die Wassereinlagerungen waren immer noch extrem. Da der Urin okay war, konnte nun der Blasenkatheter ab.

Am nächsten Tag dann bekam sie eine neue Milch. Ich hoffte sehr, dass sie die nun besser vertragen würde. Außerdem war Lara nun ein halbes Jahr alt. Und wir alle hofften, dass sie endlich herausfinden würden, was sie hatte.

01.06.2022 – eine erste Diagnose

Übers Wochenende tauschten wir wieder. Ich war zuhause bei der Großen und Papa bei Lara. Er meinte, dass die Beine und Füße nun wieder schmaler wären. Auch hätte sie ihn mal angeschmunzelt. Das freute mich sehr!

Am nächsten Tag hatte ich Geburtstag. Ich bekam ein paar sehr persönliche Nachrichten, bei denen mir die Tränen kamen. Ich wusste, alle meinen es gut. Und doch wollte ich diesen Geburtstag nicht. Ich wollte nicht, dass mir gratuliert wird. Denn bei jeder einzelnen Nachricht fragte ich mich, ob meine Familie im nächsten Jahr noch komplett wäre. Ob wir noch zu viert sind.

Zur Visite fragte mich der Chefarzt: „Haben Sie noch Fragen?“ – Ja, da wäre etwas. Es brennt mir auf der Seele. Schon seit Tagen ist da dieses Gefühl in mir. Doch es braucht sehr viel Mut diese Frage auszusprechen. Vor allem, weil da so viele Menschen in diesem Raum stehen. Ärzte, Pflegepersonal, Praktikanten. Doch ich muss das jetzt wissen. Also frage ich ihn: „Müssen wir damit rechnen, dass sie das nicht schafft?“ – Der Chefarzt sprach sehr offen und ehrlich und sagte: „Es gibt Stoffwechselerkrankungen, die sind nicht behandelbar. Wir können jetzt nur die Ergebnisse abwarten und versuchen, sie so lange stabil zu halten. Es ist eine lebensbedrohliche Situation. Das muss man schon so sagen, ja.“ Das ausgesprochen zu hören war schwer, aber wichtig. Ich brauchte Klarheit.

Nun saß ich mit dieser Info hier auf ITS am Bett meiner sehr schwer erkrankten Tochter und bangte um ihr Leben. Und gleichzeitig bekam ich Geburtstagsglückwünsche. Was für eine verrückte Welt!

03.06.2022 – “Wir machen nichts mehr.”

Lara hatte inzwischen ein großes Bett. So konnte ich mich zu ihr legen und viel mit ihr kuscheln. Ich lag oft bei ihr und sprach mit ihr. Dass sie so gut gekämpft hat und bitte weiterkämpfen soll. Ich glaubte und hoffte, dass sie so stark ist, dass sie das schafft. Wir hatten doch schon so viel geschafft. Aber ich spürte, während ich mit ihr sprach, dass sie das alles nicht mehr wollte. Sie hatte keine Kraft mehr.

Am Nachmittag sprach ich erneut mit ihrer Ärztin. Lara strampelte währenddessen ganz leicht mit den Beinen. Das hatte sie lange nicht mehr gemacht. Auch wirkte sie wieder etwas wacher. Gab es doch noch Hoffnung? Am nächsten Tag hätte ein anderer Arzt Dienst. Da sollte besprochen werden, ob sie evtl. noch einmal in ein anderes Krankenhaus verlegt wird.

Als ich am 03.06. ihr Zimmer betrat, waren schon Schwestern bei ihr. Lara machte keinen guten Eindruck auf mich. Auch die Schwestern sagten, sie hätte mehr Schmerzen. Sie würden jetzt nur das Nötigste machen, um sie nicht so sehr zu stressen. Das gefiel mir alles so gar nicht. Ich fragte mich, was nun passieren würde.

Zur Visite betrat dann der neue Arzt das Zimmer, in Begleitung von einer Schwester. Er hatte einen sehr ernsten Gesichtsausdruck und wählte seine Worte ruhig und zaghaft – und sehr bedacht. Im Inneren ahnte ich, jetzt kommt nichts Gutes. Ich hatte Angst vor dem, was er gleich zu mir sagen würde. Er sagte, dass ihr Zustand sich immer mehr verschlechterte. Alle Maßnahmen würden ihr nicht helfen, sondern nur ihr Leid verlängern. Am Tag zuvor hatte ich mit ihrer Ärztin noch über lebensverlängernde Maßnahmen gesprochen. Doch nun war ihr Zustand nochmal viel schlechter. Der Arzt sagte: „Wir machen nichts mehr.“

Er erklärte mir die weiteren Optionen. Wir könnten weiter im Krankenhaus bleiben, in ein Hospiz gehen oder mit palliativer Begleitung sie mit nach Hause nehmen. Ich fragte ihn noch: „Wie lange noch?“ –  Seine Antwort lautete: „1-2 Wochen.“  Sie verließen das Zimmer und ich ließ mich zu ihr ins Bett fallen. Ich sprach wieder mit ihr und musste sehr weinen. Mir schnürte es die Kehle zu. Ich brauchte frische Luft! Ich entschuldigte mich bei ihr, dass ich gehen muss und versprach bald wiederzukommen.

04.06.2022 – Lara´s letzte Reise

An dem Abend des 03.06. blieb ich lange bei Lara. Das Atmen fiel ihr sehr schwer. Sie war sehr unruhig. Ihre Haut juckte und sie kratzte sich ständig im Gesicht. Ich wollte sie so nicht alleine lassen. Ich lag in ihrem Bett und sprach immer wieder mit ihr. Ich wollte ihr nahe sein, am liebsten für immer. Doch ich wusste, unsere Zeit ist begrenzt. Und immer wieder überlegte ich, was wir nun machen. Ob wir es uns zutrauen können, sie alleine zuhause zu versorgen. Oder ob ein Hospiz besser wäre. Eine sehr liebe Schwester hatte Nachtdienst. Sie brachte mir eine Decke. Sie sagte nicht viel und doch war alles gesagt. Sie strahlte so eine Ruhe aus. Eine bessere Betreuung hätte ich mir nicht für Lara wünschen können. Diese Schwester war es auch, die mich dann mal in mein Zimmer schickte, um ein paar Stunden zu schlafen. Ich hatte Angst. Sehr große Angst! Angst, dieses Zimmer zu verlassen. Angst davor, dass sie stirbt. Nicht irgendwann, sondern genau dann. In dieser kurzen Zeit, wo ich nicht bei ihr bin. Die Schwester beruhigte mich, sie würde anrufen, sobald sich etwas ändert. Ich müsse auch Kraft tanken. Damit hatte sie Recht und sie war so ein lieber Mensch, dass ich ihr Lara´s Leben anvertraute. Darauf vertraute, sie würde rechtzeitig anrufen.

Das tat sie auch. Irgendwann nach 5 klingelte mein Handy. „Bitte nicht erschrecken. Es ist soweit alles gut. Aber ich glaube die Lara braucht jetzt ihre Mama.“ Ich eilte zu Lara, legte mich zu ihr ins Bett. Manchmal schloss ich dabei die Augen. Wenn ich sie doch nur für immer halten könnte. Ich vermisste jetzt schon dieses Gefühl, bei ihr sein zu können. Ich ahnte, dass sie nicht mehr lange bleiben würde.

Nach Absprache mit Papa entschloss ich, dich mit nach Hause zu nehmen. Deine große Schwester wollte nicht hier bleiben. Sie wollte wieder nach Hause. Ich war auch schon wochenlang im Krankenhaus. Und dir wünschte ich einen Abschied zuhause.

Das Palliativteam wurde informiert und ich war fest entschlossen, selber zu fahren. „Ich fahre mein Kind nach Hause!“, davon war ich überzeugt. Also fuhren wir am Nachmittag los. Papa mit der Großen vor uns im Auto. Dahinter ich mit dem anderen Auto. Auf der Rückbank saß Lara mit dem Palliativarzt. Hinter uns seine Kollegin, mit deren Auto.

Wir stiegen aus. Der Arzt fragte: „Schläft sie immer so ruhig?“ Das verneinte ich. „Wir gehen jetzt erstmal nach oben. Nehmen Sie sie selber. Oben höre ich sie dann ab. Ob sie noch bei uns ist oder vielleicht ist sie auch schon gegangen.“ Wir nahmen sie aus dem Auto. Ich sah sie an und wusste es sofort. Sie lag so ruhig in ihrer Schale. Ich erkannte sofort in ihrem Gesicht, sie hatte uns verlassen. Sie war tot.

Wir trugen sie gemeinsam hinein. Papa, Mama und Schwester – alle hielten die Schale fest. Oben hörte der Arzt sie ab. Er bestätigte, was ich schon wusste. Sie war tot.

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